Steuer-ID wird zur Bürger-ID
Mit dem Registermodernisierungs-Gesetz machten Bundestag und Bundesrat den Weg frei für die neue Bürgeridentifikationsnummer. Die 2007 eingeführte Steuer-ID mit elf Stellen soll in die Bürger-ID überführt werden. Damit hat nicht nur das Finanzamt Zugriff auf die gespeicherten Daten, sondern 50 weitere Behörden. Kritiker des Gesetzes befürchten den „gläsernen Menschen“, Befürworter sehen eine enorme Vereinfachung und Kosteneinsparung.
Die Umstellung zur Bürger-ID erfolgt automatisch
Die Steuer-Identifikationsnummer, kurz Steuer-ID, wird einmalig und lebenslang vergeben. Hier sind Basisdaten wie Name, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Adresse gespeichert. Bisher können nur Finanzämter auf diese Daten zugreifen. Dies soll sich nun ändern. Die Steuer-ID unterliegt als Bürger-ID der neu eingerichteten Registermodernisierungsbehörde innerhalb des Bundesverwaltungsamtes. Die neue Behörde ist eine Schnittstellenbehörde, die den Datentransfer regelt. Es wurde kein zentrales Melderegister eingerichtet, da dies verfassungsrechtlich kaum durchsetzbar wäre.
Der Datenaustausch geht schneller und einfacher
Das Gesetz erlaubt, dass etwa 50 weitere Behörden wie Melderegister, Renten- und Krankenversicherung sowie Führerschein- oder Waffenregister auf die Bürger-ID zugreifen können.
Die Behörden können also auf die hinterlegten Daten zugreifen. Möglich ist die Einsicht aber nur, wenn der Bürger dieser Abfrage zustimmt. Basis der Bürger-ID ist die elektronische ID Funktion des neuen Personalausweises. Der Ausweis dient der Anmeldung bei den Kommunen und allen weiteren digitalen Verfahren. Zudem soll jeder Bürger einen eigenen sicheren Zugang, das ‚Datencockpit‘, erhalten und nachverfolgen können, welcher Datenaustausch stattfindet.
Diese Vorteile bringt die Bürger-ID:
• Die Vorgänge innerhalb der Verwaltung sollen einfacher und schneller werden, indem die Behörden digital Zugriff auf die Daten haben. Damit will man vermeiden, dass Bürger mehrfach Dokumente und Nachweise bei Behörden anfordern oder vorlegen müssen. Das Ziel ist, dass der Aufwand vieler Vorgänge für beide Seiten geringer wird.
• Die eindeutige Bürger-ID soll Verwechslungen von Personen künftig vermeiden. Die hunderten verschiedenen öffentlichen Register sollen modernisiert und vereinheitlicht werden.
• Im Vergleich mit den europäischen Nachbarn hinkt die deutsche Verwaltung in puncto Digitalisierung hinterher. Die Bürger ID ist deshalb ein zentrales Element für die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) von 2019. Bis zum Jahr 2023 sollen die Behörden etwa 5.000 Dienstleistungen online anbieten und damit digital für Bürger zugänglich machen. Insbesondere die Kommunen können den Bürgern künftig viele Behördengänge ersparen. Diese können ihre Anträge digital stellen, beispielsweise die Ausstellung einer Geburtsurkunde oder eines Erbscheins.
• Insgesamt könnten Zeit und Kosten eingespart werden.
Diese Nachteile sollten Sie beachten:
• Befürchtet wird, dass eine einzige Identifikationsnummer den Abgleich von Daten erleichtert und zu unnötigen oder nicht erlaubten Abfragen führt. Bereits jetzt wird bei verschiedenen Anträgen auf Elterngeld oder bei einer Kontoeröffnung die Angabe der Steuer ID verlangt.
• Behördliche Kontenabfragen nehmen zu.
• Kritiker erwarten zudem ein großes Interesse der Wirtschaft an diesen Daten.
Datenschützer und Oppositionsparteien kritisieren folgende Punkte
Kritik am neuen Gesetz kam von Datenschutzbeauftragten, von Datenschutzbehörden der Länder und des Bundes, vom wissenschaftlichen Dienst und von den Oppositionsparteien. Kritisch gesehen wird, dass man – würden die Datenbanken auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene abfragbar sein, mit den Informationen zu aussagekräftigen Persönlichkeitsprofilen kommen könnte. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar befürchtete bereits 2007, dass die Steuer-ID ausgeweitet werde. Die zentralen Merkmale der Bürger-ID würden den Weg zu einem „gläsernen Bürger“ ebnen. Die Erweiterung der Steuer-ID sieht auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages kritisch, da das Verfassungsgericht diese Steuer-ID nur deshalb nicht verhindert habe, weil sei eben nur steuerlichen Zwecken dienen sollte.
Datenschützer und die Opposition im Bundestag haben daher Zweifel daran, dass das Gesetz verfassungskonform ist und einer Überprüfung durch das Verfassungsgericht standhalten werde. Die Datenschutzbe-hörden sehen die Ausweitung der Steuer-ID kritisch, da diese von ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung gelöst werde. Sie verweisen auf bisherige sehr kritische Einlassungen des Gerichts zu zentralen Personenkennzeichen. Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber sieht das Gesetz rechtlich auf dünnem Eis und gibt einer Klage durchaus Erfolgschancen.
Verfassungsklagen gegen die Bürger ID und das Registermoderni-sierungsgesetz sind zu erwarten. Auch Kritiker wie der Grüne Konstantin von Notz befürworten eine Modernisierung der Register. Ein Scheitern des Gesetzes vor dem Bundesverfassungsgericht führe dazu, dass Deutschland weiterhin digital abgehängt bleibe.