Viele Fehler in Jahresbescheinigungen der Banken
Wenn Sie als Kapitalanleger die Zahlen aus den Jahresbescheinigungen Ihrer Banken ungeprüft in die Steuerklärung übernehmen, zahlen Sie möglicherweise mehrere 100 oder gar 1.000 Euro zu viel Steuern.
Alle Kreditinstitute, bei denen Sie ein Konto oder Depot unterhalten, sind gesetzlich dazu verpflichtet, Ihnen eine zusammenfassende Jahresbescheinigung zu schicken. Diese flattert in den ersten Monaten eines jeden Jahres ins Haus und enthalten eine Auflistung sämtlicher Zinseinnahmen und Spekulationsgeschäfte. Diese Daten brauchen Sie, um die Anlage KAP der Steuererklärung auszufüllen (Hinweis: Sie müssen die Jahresbescheinigung nicht gleich mit Ihrer Steuererklärung abgeben, sondern erst wenn das Finanzamt Sie dazu auffordert).
Offiziell verkauft der Bundesfinanzminister uns die neue Jahresbescheinigung als "Hilfestellung für den Anleger". Aber lassen Sie sich nichts vormachen: Es geht dem Fiskus ausschließlich um Ihre Kontrolle. Die Jahresbescheinigungen einzuführen, war ein großer Schritt in Richtung "gläserner Steuerzahler".
Prüfen Sie die neuen Jahresbescheinigung kritisch
Die neue Jahresbescheinigung der Banken besteht aus einem Formular, das auf den ersten Blick den Angaben in den amtlichen Formularen KAP, AUS und SO ähnelt. Diese Ähnlichkeit verführt viele Anleger dazu, die ausgewiesenen Erträge ungeprüft in ihre Steuererklärung zu übernehmen.
Doch wenn Sie die Jahresbescheinigung und die Anlage KAP nebeneinander legen, fällt Ihnen auf, dass es in der Anlage KAP eine Spalte "Auf Grund Freistellungsauftrag nicht versteuert" gibt, die Sie auf der Jahresbescheinigung vergeblich suchen. Das Fehlen solch wichtiger Daten zeigt, wie nachlässig die Beamten das Jahresbescheinigungs-Formular erstellt haben. Überzeugen Sie sich selbst und laden Sie sich bei uns kostenlos ein Muster dieses dreiseitigen Formulars oder das Hinweisblatt des Bundesfinanzministeriums (BMF) als PDF-Datei herunter.
Ein großes Problem der Jahresbescheinigung liegt darin, dass sie die Erträge nur zusammengefasst dargestellt. Die Folge: Bei einem größeren Depot können Sie die ausgewiesenen Zahlen nur schwer nachzuvollziehen.
Angaben in der Jahresbescheinigung sind unvollständig oder falsch
Worauf müssen Sie achten, wenn Sie die Zahlen aus der Jahresbescheinigung in Ihre Steuererklärung 2006 übernehmen wollen? Zuerst einmal benötigen Sie unbedingt folgende Zusatzinformationen, um Ihre Steuererklärung fehlerfrei auszufüllen:
- die einzelnen Wertpapierabrechnungen (Kauf und Verkauf)
- Erträgnisaufstellung (Steuerdeutsch für "Ertragsaufstellung")
- eine separate Steuerbescheinigung Ihrer Bank.
Verlassen Sie sich nicht allein auf die Jahresbescheinigung, denn sie enthält oft einen oder mehrere der folgenden fünf Fehler:
Fehlerquelle 1: Finanzinnovationen
Der Fiskus verwendet dieses Fachwort seit 1994 als Sammelbegriff für Geldanlagen, die von den Banken oder anderen Emittenten herausgegeben werden, um steuerpflichtige Einnahmen (meist Zinsen) in steuerfreie Kursgewinne zu verwandeln.
Besteuerung: Bei Finanzinnovationen haben Sie das Recht, zwischen der Emissionsrendite und der Marktrendite (Verkaufserlös minus Kaufpreis) die für Sie (steuerlich) günstigere Rendite zu wählen.
Die Emissionsrendite ist die Rendite, die im Zeitpunkt der Emission versprochen wird und bei der Einlösung mit Sicherheit erzielt wird. Wie hoch diese ist, erfahren Sie bei Ihrer Bank. Faustregel: Ist der allgemeine Zinssatz zwischenzeitlich gefallen, so ist die Emissionsrendite steuerlich vorteilhafter.
Ausweis in der Jahresbescheinigung: Die Erträge aus dem Verkauf von Finanzinnovationen stehen auszuweisen in der Zeile "verzinsliche Wertpapiere (einschließlich Stückzinsen)", Zeile 6 der Anlage KAP – allerdings stets nur die Marktrendite.
Steuer-Tipp: Haben Sie 2004 eine Finanzinnovation verkauft, sollten Sie die Marktrendite und Emissionsrendite immer rechnerisch vergleichen.
Fehlerquelle 2: Thesaurierende Fonds
Besteuerung: Bei thesaurierenden Fonds (wiederanlegenden Fonds) gilt der thesaurierte Ertrag mit Ablauf des Fondsgeschäftsjahres als zugeflossen. Obwohl Sie keine Ausschüttung erhalten, müssen Sie diesen Betrag in Ihrer Steuererklärung angeben. Dies gilt für in- und ausländische Fonds.
Ausweis in der Jahresbescheinigung: Diese Fondserträgen finden Sie in der Zeile "Investmentanteile Zeile 8 und 23 der Anlage KAP", wenn es sich um inländische Fonds handelt. Bei ausländischen Fonds steht der Ertrag in der Zeile "Erträge aus ausländischen Investmentanteilen (Auslandinvestment-Gesetz) Zeile 33 Anlage KAP".
Da die Fondsgesellschaften bis zu vier Monate Zeit haben, Ihre steuerlichen Erträge zu veröffentlichen, ist es möglich dass Ihre Bank diese Erträge auf der Jahresbescheinigung ganz unterschlägt.
Fehlerquelle 3: Werbungskosten
Bei Kapitaleinkünften sind die Depotgebühren ein typisches Beispiel für Werbungskosten.
Ausweis in der Jahresbescheinigung: In der Jahresbescheinigung finden Sie den Eintrag Werbungskosten überhaupt nicht. Die Angaben der Bank stehen unter "Aufwendungen im Zusammenhang mit Kapitalerträgen".
In diesem Feld listet die Bank jedoch nicht alle Gebühren auf, die Sie im Steuerjahr gezahlt haben, sondern nur die Depotgebühren und die Kosten der Erträgnisaufstellung sowie Beratungs- und Verwaltungsgebühren.
Alle anderen Kosten, die auch Werbungskosten bei Kapitaleinkünften sein könnten, sind hier nicht enthalten, beispielsweise Schuldzinsen für einen Effektenlombardkredit. Steuer-Tipp: Prüfen Sie anhand Ihrer Bankbelege, welche Gebühren Sie insgesamt an die Bank gezahlt haben, und geben Sie diese in Ihrer Steuererklärung an.
Extra-Service: Lesen Sie hier unsere Schnellübersicht "A bis Z" der wichtigsten Werbungskosten für Kapitalanleger.
Fehlerquelle 4: Ausländische Steuern
Besteuerung: Wenn Sie ausländische Dividenden erhalten haben, wurde meist eine ausländische Quellensteuer einbehalten, die bis zu 35 Prozent der Bruttodividende beträgt. Die meisten Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) erlauben aber nur einen Satz von 15 Prozent, sodass Sie den darüber hinausgehenden Betrag beim ausländischen Fiskus zurückfordern müssen.
Ausweis in der Jahresbescheinigung: In der Jahresbescheinigung gibt es einen Teil, der sich an die Anlage AUS anlehnt. Darin weist Ihnen die Bank pro Land die ausländischen Einkünfte und die gezahlte ausländische Quellensteuer aus.
Jedoch finden Sie stets nur den Quellensteuerbetrag. Steuer-Tipp: Prüfen Sie anhand Ihrer Dividendenabrechnungen, in welcher Höhe Quellensteuer einbehalten wurde. In Ihrer Steuererklärung dürfen Sie nur den zulässigen Höchstsatz angeben.
Fehlerquelle 5: Private Veräußerungsgeschäfte
Besteuerung: Verkaufen Sie Wertpapiere innerhalb der zwölfmonatigen Spekulationsfrist mit Gewinn, müssen Sie diesen versteuern.
Ausweis in der Jahresbescheinigung: In der Jahresbescheinigung kann es jedoch sein, dass Ihre Bank die privaten Veräußerungsgeschäfte gar nicht oder falsche angibt. Dies liegt daran, dass die Aufzeichnungspflicht der Banken erst 2004 begann.
Steuer-Tipp: Prüfen Sie anhand der einzelnen Wertpapierabrechnungen Ihre Spekulationsgeschäfte genau und verlassen Sie sich nicht auf die Bankangaben.
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