Steuerzinsen steuerlich abziehbar?

vom 20. August 2012 (aktualisiert am 23. Juni 2019)
Von: Lutz Schumann

Zinsen auf Steuernachzahlungen könnten künftig steuerlich absetzbar sein. Vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist jetzt eine Verfassungsbeschwerde des Verlags "markt intern" anhängig, wie das Unternehmen mitteilte (BverfG-Aktenzeichen: 2 BvR 1608/12). Je nach Höhe der Nachzahlung geht es hier um mehrere 100 bis 1.000 Euro Steuerersparnis.

Hintergrund: Nachdem ein Steuerjahr abgelaufen ist, vergeht häufig lange Zeit, bis endgültig feststeht, welchen Betrag ein Steuerpflichtiger oder Unternehmen dem Finanzamt abzuführen hat. Vor allem dann, wenn sich ein Rechtsstreit mit dem Finanzamt mehrere Jahre hinzieht. Die Steuern waren aber schon vorher fällig. Wenn der Fall geklärt ist, gibt es zwei Möglichkeiten, die hier von Bedeutung sind:

a) Der Steuerpflichtige hat zu wenig gezahlt. Er muss also Steuern nachzahlen. Außerdem verlangt das Finanzamt Steuerzinsen. Die ersten 15 Monate nach Ende des Steuerjahrs sind frei, jede weitere "überzogene Zeit" kostet 0,5 Prozent Zinsen pro Monat.

b) Der Steuerpflichtige hat zu viel bezahlt. Das Finanzamt erstattet ihm den überschüssigen Betrag samt Zinsen. In diesem Fall allerdings sind die Zinsen steuerpflichtig.

Erhaltene Zinsen versteuern müssen, aber gezahlte nicht geltend machen dürfen? Der Kläger vorm Bundesverfassungsgericht sieht hierin eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung. Seine Forderung: Man muss die Zinsen auf seine Steuernachzahlung im Gegenzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend machen dürfen. Wie viel Geld diese Forderung finanziell bringen könnte, zeigt die folgende Beispielrechnung.

Beispiel 1: Zinsen bei 10.000 Euro Steuernachzahlung

Beispielrechnung: Das Finanzamt prüft 2011 einen Handwerksbetrieb und bemängelt bei den Firmenwagen des Senior- und Juniorchefs die Fahrtenbücher. Die Folge: Die Fahrtenbücher werden nicht anerkannt und es muss rückwirkend die 1-Prozent-Regel angewendet werden. Das führt nach Ansicht des Finanzamts zu einer Steuernachzahlung von 10.000 Euro nebst Zinsen. Es berichtigt nachträglich den 2008er Steuerbescheid und schickt ihn im April 2011 zu.

Für welche Jahre fallen Zinsen an? Unabhängig davon, ob das Finanzamt die 10.000 Euro zu Recht fordert, berechnet es die Steuerzinsen so:

Zeitraum Erklärung Zinsen
Jahr 2008 Steuerjahr, um das es geht keine Zinsen
Januar 2009 bis März 2010 die ersten 15 Monate nach Ablauf des Steuerjahrs sind zinsfrei keine Zinsen
April 2009 bis März 2011 24 Monate à 0,5 Prozent Zinsen 1.200 Euro
Ergebnis:
Posten Betrag
gesamte Zinsforderung des Finanzamts 1.200 Euro
mögliche Ersparnis, wenn Steuerzinsen absetzbar: 1.200 Euro x 0,40
(vereinfachte Annahme: 40 Prozent Steuersatz einschließlich Solidaritätszuschlag)
= 480 Euro

In diesem einfachen Beispielfall, bezogen auf 2 Jahre, geht es also um 480 Euro Unterschied, wenn die Steuerzinsen selbst als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar sind.

Beispiel 2: Zinsen bei 1.500 Euro Steuernachzahlung

Die 10.000 Euro Steuernachzahlung aus Beispiel 1 sind für die meisten Unternehmen und Privatleute eine ordentliche Hausnummer. Senken wir die Rechengrößen auf ...

  • 1.500 Euro Steuernachzahlung,
  • über 2 Jahre also 180 Euro Zinsen,
  • bei vereinfacht 35 Prozent Steuersatz,

... dann geht es im Beispielfall um 63 Euro mehr oder weniger im Portemonnaie.

Lohnt sich das? Aufwand und Aussichten auf Erfolg:

Verlangt das Finanzamt eine Steuernachzahlung samt Steuerzinsen von Ihnen? Dann profitieren Sie von einem etwaigen steuerzahlerfreundlichen Urteil des BVerfG. Um Ihre Chance auf diese Steuerersparnis zu wahren, legen Sie Einspruch gegen den geänderten Steuerbescheid ein (Körperschaftsteuer oder Einkommensteuer) und beantragen ein Ruhen des Verfahrens.

Ihr Aufwand beträgt rund 5 Minuten fürs Lesen, Ausfüllen und Drucken. Kosten fallen nur für Briefmarke, Umschlag und Druckerpapier an.

Der Kläger war beim Finanzgericht und Bundesfinanzhof gescheitert (Aktenzeichen: I B 97/11). Wie das BVerfG die Sache sieht, ist nicht einzuschätzen. Ein Einspruch ist jedoch risikolos. Da der Kläger jegliche Vorarbeit bereits erledigt hat, stehen Zeitaufwand und möglicher Ertrag in einem günstigen Verhältnis.

Aktualisierung  12.05.2015

Leider wurde die Klage vom 2. Senat, 1. Kammer des Bundesverfassungsgerichts ohne Begründung nicht angenommen (Az.:  2 BvR 1407/12, 2 BvR 1608/12).

Mehr Tipps zum Thema in diesen Rubriken: Arbeitnehmer, Betriebsausgaben, Freiberufler, Immobilienbesitzer, Kapitalanleger, Selbstständige, Unternehmer, Werbungskosten