Steuersparmodell: Familiendarlehen und Abgeltungssteuer
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit einem aktuellen Urteil ein Steuersparmodell im Zusammenhang mit Familiendarlehen und der Abgeltungssteuer ermöglicht. Demnach darf das Finanzamt die Zinsen aus einem Kredit an Familienangehörige nicht automatisch mit dem (hohen) persönlichen Steuersatz des Kreditgebers besteuern, sondern muss die (meist günstigere) pauschale Abgeltungsteuer ansetzen (BFH-Aktenzeichen: VIII R 9/13). Damit entschärfte der BFH eine gesetzliche Sonderregelung, die dieses Steuermodell verhindern sollte.
Die steuerliche Folge: Der Kreditnehmer darf seine gezahlten Zinsen mit seinem persönlichen Steuersatz von bis zu 42 Prozent steuerlich geltend machen, sofern der Kredit einer beruflichen oder betrieblichen Anschaffung dient. Der Kreditgeber versteuert seine erhaltenen Zinsen aber nur mit pauschal 25 Prozent Abgeltungssteuer. Da die Zinsen innerhalb der Familie fließen, bleibt unterm Strich eine Steuerersparnis von bis zu 17 Prozent innerhalb der Familie (42 - 25 = 17 Prozent).
Bei einer Darlehenssumme von 100.000 Euro und 5 Prozent Zinsen jährlich ergibt sich ein Steuervorteil von bis zu 850 Euro pro Jahr (zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer). Siehe dazu folgende Beispielrechnung.
Beispielrechnung: Bankkredit vs. Familienkredit alt und neu
Beispiele: Der Sohn gewährt seinem Vater ein Darlehen. Der Vater nutzt die Mittel in seiner Firma und setzt die Zinsen als Betriebsausgaben ab. Oder die Mutter gibt ihrer Tochter einen Kredit. Die Tochter erwirbt damit eine vermietete Immobilie und setzt die Zinsen als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ab.
In beiden Fällen nutzt der Kreditnehmer das Geld, um Einkünfte zu erzielen. Damit ist die Voraussetzung erfüllt, um die Zinsen steuerlich geltend zu machen.
Der Einfachheit halber beträgt die Kreditsumme in beiden Fällen 100.000 Euro, der Zinssatz 5 Prozent pro Jahr und der persönliche Steuersatz für alle Parteien 42 Prozent (Spitzensteuersatz). Wir stellen gegenüber: 1. Bankkredit, 2. Familiendarlehen nach alter Sonderregelung, 3. Familiendarlehen als Steuersparmodell. Wir wollen wissen, wie viel Geld in diesen drei Fällen aus dem Familienvermögen als Ganzes verloren geht.
Vergleichsrechnung für einen Kredit von der Bank oder einen Kredit von privat:
Posten | Betrag |
---|---|
Kreditsumme | 100.000 Euro |
Zinsen pro Jahr (5 Prozent von 100.000 Euro) | 5.000 Euro |
Fall 1: Bankkredit. Die Zinsen fließen an die Bank und sind zu 42 Prozent steuerlich absetzbar. Das heißt, der Kreditnehmer holt sich 42 Prozent seines Geldes über die Steuer zurück, 58 Prozent gehen der Familie verloren. (0,58 x 5.000 Euro) | -2.900 Euro |
Fall 2: Familienkredit, alte Rechtslage. Der Kreditgeber zahlt 42 Prozent Steuern, der Kreditnehmer macht 42 Prozent steuerlich geltend. Damit bleibt das Vermögen vollständig in der Familie. Freibeträge wie der Sparerpauschbetrag könnten für ein kleines Plus sorgen, sind im Beispiel jedoch nicht berücksichtigt. Opportunitäskosten des Kreditgebers spielen keine Rolle, da wir die Familie im Ganzen betrachten. (0 x 5.000 Euro) | 0 Euro |
Fall 3: Familienkredit, neue Rechtslage. Der Kreditgeber zahlt 25 Prozent Steuern, der Kreditnehmer macht 42 Prozent steuerlich geltend. Das ergibt einen Steuervorteil von 17 Prozent auf die Zinsen, welcher in der Familie bleibt. (0,17 x 5.000 Euro) | 850 Euro |
Fazit: Wenn man die Familie als Einheit betrachtet, dann ist das Familiendarlehen immer deutlich günstiger als ein Bankkredit, welcher in unserer Vereinfachung einen Verlust von 2.900 Euro jährlich bedeutet. Dank des neuen BFH-Urteils erwirtschaftet die Familie jedoch ein Plus von bis zu 850 Euro pro Jahr auf Kosten des Finanzamts.
Voraussetzungen und Tipps zum Kreditvertrag mit Angehörigen
Der Kreditgeber versteuert die Zinsen nur mit 25 Prozent. Der Darlehensnehmer setzt die gezahlten Zinsen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten ab. Er spart Steuern in Höhe seines individuellen Steuersatzes.
Dies ist eine vorteilhafte Gestaltung für beide Seiten, wenn Sie folgende Voraussetzungen und Tipps beachten:
- Ihr Darlehensvertrag muss einem Fremdvergleich standhalten. Das heißt: Kein Familienangehöriger darf einen Vorteil erhalten, den er auf dem freien Markt nicht bekommen hätte.
- Setzen Sie den Vertrag wie unter fremden Dritten um. Keine unglaubwürdige Nachsicht bei Zahlungsverzug!
- Empfehlenswert ist ein schriftlicher Vertrag, in dem die wichtigsten Punkte festgelegt sind: Zinssatz, Rückzahlung, Tilgungsleistungen, Kündigungsrecht.
- Das Fehlen von Sicherheiten ist kein ausreichender Grund für das Finanzamt, eine missbräuchliche Gestaltung anzunehmen und das Modell abzulehnen. Der Bundesfinanzhof entschied, dass bei der steuerrechtlich erforderlichen Prüfung der Fremdüblichkeit von Angehörigendarlehen großzügigere Maßstäbe anzulegen sind, wenn der Darlehensgeber eigenes Kapital einsetzt und mit dem Angehörigendarlehen Wirtschaftsgüter finanziert werden (BFH-Urteil vom 22. Oktober 2013, Aktenzeichen: X R 26/11).
Hintergrund und Urteilsfall
Kapitaleinkünfte unterliegen seit 2009 der Abgeltungsteuer von 25 Prozent, unabhängig vom persönlichen Steuersatz des Kapitalanlegers. Bisher galt eine Ausnahme, nach der der Abgeltungstarif nicht angewendet wurde, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen waren und der Schuldner die Zinsausgaben Steuern mindernd absetzen konnte (§ 32d Abs. 1 Nr. 1 EStG). Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber unangemessene familiäre Steuervorteile und Gestaltungsmissbrauch vermeiden.
Tatsächlich ergab sich für Gläubiger ein steuerlicher Nachteil, wenn ihr persönlicher Steuersatz über 25 Prozent lag. Denn wenn sie die Zinsen zum Beispiel von einer Bank erhalten hätten, hätten sie ihre Einnahmen nur mit 25 Prozent versteuert. Innerhalb der Familie jedoch war der höhere persönliche Steuersatz fällig.
Ein betroffener Steuerzahler klagte gegen diese Sonderregelung erfolgreich vor dem Bundesfinanzhof (BFH-Urteil vom 29. April 2014, Aktenzeichen: VIII R 9/13). Die BFH-Richter entschieden, dass Familienangehörige grundsätzlich keine nahe stehenden Personen im Sinn der gesetzlichen Regelung sind. Vielmehr sei es erforderlich, dass ein beherrschender oder außerhalb der Geschäftsbeziehung liegender Einfluss ausgeübt werden könne. Schädlich sei auch, wenn ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen bestehe. Diese Voraussetzungen seien aber nicht alleine dadurch gegeben, dass Darlehensgeber und -nehmer Familienangehörige seien, entschieden die BFH-Richter.
Damit gilt für Darlehen innerhalb der Familie seit der Entscheidung des BFH der Abgeltungstarif. Das Angehörigenverhältnis führt nicht mehr zu einem Steuernachteil.
Gefahr durch Nichtanwendungserlass des BMF
Dieses Steuermodell ist noch nicht 100prozentig sicher: Das Bundesfinanzministerium (BMF) könnte das Urteil mit einem Nichtanwendungserlass belegen. Dann würde es nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus gelten. In diesem Fall müssten Sie als Betroffene(r) selbst vor dem Finanzgericht klagen. Sie hätten allerdings gute Aussichten auf Erfolg, da bereits ein steuerzahlerfreundliches BFH-Urteil vorliegt. Nichtanwendungserlasse sind häufig nur Nebelkerzen der Finanzverwaltung, um Steuerzahlern den Weg zu ihrem Recht zu erschweren.
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