Steuerliche Selbstanzeige: Wegweiser durch das Minenfeld
Die Finanzämter jagen immer schärfer nach Bundesbürgern, die ihr Geld im steuerschonende Ausland lagern. Und nach solchen, die "vergessen" haben, Ihre Spekulationsgewinne sowie andere Kapitalerträge zu versteuern. Zu diesem Zweck haben alle Bundesländer in den vergangenen Jahren ihre Steuerfahndungsstellen kräftig aufgestockt.
Angesichts dieser personellen Übermacht steigt für Steuerschummler die Gefahr, entdeckt zu werden. Immer häufiger versuchen sie daher, sich in eine so genannte Selbstanzeige nach § 371 Abgabenordnung (AO) zu retten, um mit dem Fiskus reinen Tisch zu machen und einer Strafe zu entgehen. Doch dabei übersehen viele Steuerhinterzieher, dass sie mit der steuerlichen Selbstanzeige riskieren, mehr zu verlieren als nur Geld.
Mit den folgenden Tipps des Steuer-Schutzbriefs marschieren Sie als Betroffener sicher durch das Minenfeld "steuerliche Selbstanzeige", ohne auf einen Auslöser zu treten:
1. Fragen Sie Ihren Steuerberater und/oder Rechtsanwalt
Keine noch so guten Bücher oder Internetseiten können diesen wichtigen Schritt ersetzen. Denn nur ein Fachmann kann anhand Ihres konkreten Einzelfalls entscheiden, ob eine Selbstanzeige überhaupt ratsam ist oder nicht. Sprechen Sie daher auf jeden Fall schnellstens mit einem Fachanwalt für Steuerrecht oder einem erfahrenen Steuerberater. Eine fehlerhafte Selbstanzeige schadet mehr, als dass sie nutzt.
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2. Nach 5 oder 10 Jahren sind Sie auf der sicheren Seite
Die strafrechtliche Verjährungsfrist beträgt 5 Jahre, die so genannte Festsetzungsverjährung 10 Jahre. Fristbeginn ist jeweils der Tatzeitpunkt der Steuerhinterziehung. Wenn die Hinterziehung nach 5 Jahren strafrechtlich verjährt ist, ist eine Selbstanzeige meist unnötig, da Sie sowieso nicht mehr bestraft werden können. Falls Ihnen das Finanzamt auf die Schliche kommt, müssten Sie schlimmstenfalls die Steuern samt Zinsen zurückzahlen. Doch Vorsicht: Ob eine Verjährung wirklich eingetreten ist, kann nur ein Fachmann mit letzter Sicherheit klären.
Die Verjährung wird unterbrochen, wenn die Steuerfahndung zu ermitteln beginnt. Ermittlungen der Strafsachen- und Bußgeldstelle Ihres Finanzamts wirken nicht aufschiebend, wie der Bundesfinanzhof am 8. Juli 2009 entschied. Im Urteilsfall musste ein Steuerhinterzieher trotz Selbstanzeige keine Steuern nachzahlen, weil das Finanzamt so lange zum Bearbeiten gebraucht hatte, dass die Verjährungsfrist zwischenzeitlich abgelaufen war.
3. Wenn Sie aufgeflogen sind, ist es zu spät
Eine strafbefreiende Selbstanzeige ist nur möglich, wenn der Fiskus Ihre Steuerschummeleien noch nicht entdeckt hat. Steht die Steuerfahndung vor der Tür, ist es für die Selbstanzeige zu spät. Bei einer normalen Betriebsprüfung dagegen ist eine Selbstanzeige meist noch möglich. Auch oft dann noch, wenn Ihr Finanzamt Sie anschreibt und um Stellungnahme zu einem bestimmten Sachverhalt bittet.
4. Mit Mittätern absprechen
Waren mehrere Personen an der Steuerhinterziehung beteiligt, müssen alle zeitgleich eine Selbstanzeige abgeben. Wer sich nur einen Tag später beim Finanzamt meldet, geht nicht mehr straffrei aus.
5. Selbstanzeige nicht ankündigen
Kündigen Sie auf keinen Fall Ihre Selbstanzeige gegenüber dem Finanzamt an! Dies wäre eine reine Absichtserklärung ohne strafbefreiende Wirkung. Im Gegenteil: Sie würde wahrscheinlich dazu führen, dass das Finanzamt zu ermitteln beginnt und Sie keine wirksame Selbstanzeige mehr abgeben können.
6. Nicht draufschreiben, was drin ist
Kennzeichnen Sie das Schreiben ans Finanzamt nicht als "Selbstanzeige". Die Straf- und Bußgeldsachenstelle würde umgehend ein Strafverfahren einleiten. Möglicherweise würde die Poststelle den Fall direkt an die Steuerfahndung weiterleiten. Die strafbewehrende Wirkung bliebe zwar auch dann erhalten. Doch grundsätzlich ist es angenehmer, nur mit dem Sachbearbeiter im Finanzamt zu tun zu haben, als dass die Steuerfahndung um 7 Uhr morgens vor der Tür steht.
Geschickter ist es, für die Selbstanzeige einen unverfänglicheren Betreff zu wählen, zum Beispiel "Berichtigung der ursprünglichen Steuererklärung/en". Dann ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass der Brief bei Ihrem Sachbearbeiter landet.
7. Genau beschreiben, großzügig schätzen
Beschreiben Sie in Ihrem Brief ans Finanzamt den oder die "Fehler" vollständig, wahr, umfassend und möglichst genau. Das Finanzamt muss auf Grund der Angaben ohne weiteren Aufwand die tatsächliche steuerliche Situation erkennen und einen Steuerbescheid erstellen können. Die Straffreiheit gilt nur für Steuersünden, die Sie in der Selbstanzeige offenbart haben.
Sie brauchen die "vergessenen" Einnahmen zwar nicht auf den Cent genau anzugeben, eine grobe Schätzung reicht aus. Jedoch sollten Sie eher zugunsten des Fiskus schätzen als zu Ihrem. Denn wenn Sie einen zu niedrigen Betrag angegeben haben, dürfen Sie höchstens um 10 Prozent nach oben berichtigen. Größere Lücken führen zu strafrechtlichen Problemen. Haben Sie dagegen einen zu hohen Betrag geschätzt, können Sie ihn später richtig stellen, wenn Sie exakte Belege nachliefern.
An Umfang und Vollständigkeit scheitert in der Praxis oft die Wirksamkeit einer Selbstanzeige. Sind Sie als betroffener Steuerpflichtiger nicht in der Lage, Unterlagen oder Zahlen zu liefern, so würden Sie trotz Selbstanzeige steuerlich und steuerstrafrechtlich verfolgt werden. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Sie nicht ordnungsgemäß buchgeführt oder die "vergessenen" Kapitalerträge nicht nachgehalten haben.
8. Frist zum Nachzahlen einhalten
Auf Grund der Selbstanzeige erstellt das Finanzamt einen geänderten Steuerbescheid und setzt eine Nachzahlungsfrist von etwa 4 Wochen. Erst wenn Sie die errechnete Steuernachzahlung fristgerecht ans Finanzamt überwiesen haben, brauchen Sie keine Strafe mehr zu fürchten. Die Steuernachzahlung setzt sich zusammen aus der Summe der hinterzogenen Steuer zuzüglich 6 Prozent Hinterziehungszinsen pro Jahr. Die Höchstgrenze liegt wegen der Verjährungsfrist bei 10 Jahren.
9. Selbstanzeige trotz Steuererstattung
Extra-Tipp: Eine Selbstanzeige ist sogar dann möglich, wenn Sie eine Steuererstattung erwarten (Urteil des Münchner Finanzgerichts).
Fazit: Selbstanzeige ja oder nein?
Pauschale Ratschläge gibt es nicht. Ein Fachmann muss für jeden Fall gesondert beurteilen, wann sich eine Selbstanzeige "lohnt" und wann nicht. Nur eines ist sicher: Vorschnelle Selbstanzeigen sind der falsche Weg.
Checkliste Selbstanzeige
Nr. | Prüfpunkt | Ja? |
---|---|---|
1. | Hält Ihr Berater eine Selbstanzeige für sinnvoll? | |
2. | Haben Sie die Selbstanzeige gegenüber der Finanzverwaltung nicht angekündigt? | |
3. | Haben Sie die Selbstanzeige nicht als Selbstanzeige gekennzeichnet? | |
4. | Handelt es sich bei den unrichtigen oder unvollständigen Angaben um "steuerlich erhebliche Tatsachen" gemäß § 370 Abgabenordnung (AO)? | |
5. | Sind die Angaben in der Selbstanzeige vollständig, wahr und umfassend? | |
6. | Können Sie die Angaben belegen? | |
7. | Ist die Selbstanzeige (noch) rechtzeitig möglich? | |
8. | Können Sie die hinterzogene Steuer bezahlen? |
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