Standortvergleich Schweiz/Österreich
Österreich wird in letzter Zeit als großer Konkurrent der Schweiz gehandelt, vor allem, was die Wohnsitznahme anbelangt. Der schweizerische Rechtsanwalt und Wohnsitzexperte Dr. Thomas Gehrig zeigt Ihnen für die 6 Hauptgesichtspunkte Wegzug, Privatbesteuerung, Kapitalbesteuerung, Aktiengewinnbesteuerung, Ruhestandswohnsitz und Erbschaftsteuer auf, welches Land - Schweiz oder Österreich - die besseren Voraussetzungen bietet:
1. Wegzug aus Deutschland:
Verlassen Sie Deutschland, müssen Sie dafür sorgen, dass die unbeschränkte deutsche Besteuerung tatsächlich beendet wird, Sie müssen Ihren Lebensmittelpunkt tatsächlich ins Ausland verschieben. Dabei sollten Sie das jeweilige Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) beachten. Im Verhältnis zu Österreich lässt das Abkommen Ihnen unter bestimmten Gegebenheiten die Möglichkeit offen, einen Zweitwohnsitz in Deutschland zu halten, ohne dabei in Deutschland voll steuerpflichtig zu werden.
Fazit: Österreich bietet mehr Flexibilität in der Wohnsitzgestaltung als die Schweiz.
2. Besteuerung der Privatperson
Verlagern Sie den Lebensmittelpunkt nach Österreich oder in die Schweiz, gilt in beiden Ländern das so genannte Welteinkommensprinzip. Sämtliche weltweiten Einkünfte (Zinserträge, Dividenden, Erwerbseinkommen etc.) unterliegen grundsätzlich im jeweiligen Zielland der Einkommensbesteuerung. Der österreichische Einkommenssteuertarif ist progressiv. Bei Jahreseinkommen bis 10.000 Euro liegt er zum Beispiel bei 0 Prozent, bis 25.000 Euro bei 23 Porzent, bis 51.000 Euro bei 33,5 Prozent und ab 51.001 Euro bei 50 Prozent.
Anmerkung: Die dargestellten Steuersätze sind beispielhaft und bei darunter oder darüber liegendem Einkommen entsprechend zu interpolieren. Die Steuerbelastung in der Schweiz ist ebenfalls progressiv ausgestaltet und abhängig vom jeweiligen Wohnsitzkanton (föderalistisches System). Die maximale Gesamtbelastung durch Bund und Kanton kann in einem der günstigsten Kantone (zum Beispiel Kanton Schwyz) bei etwa 20 Prozent liegen (Maximalsatz ab Einkommen von 360.000 Schweizer Franken Kanton und 780.000 Schweizer Franken Bund) zuzüglich der kantonalen Vermögenssteuer (Promillebereich).
Fazit: Österreich ist im Vergleich zur Schweiz ein Hochsteuerland.
3. Kapitalbesteuerung
Die Kapitalertragssteuern in Höhe von 25 Prozent sind von der österreichischen Einkommensbesteuerung ausgenommen. Darunter fallen Zinserträge und Dividenden. Durch die Bezahlung der 25 Prozent ist die Einkommensteuer abgegolten.
Fazit: Wollen Sie nach der Wohnsitznahme in Österreich nicht mehr erwerbstätig sein und lediglich von den Erträgen (Zinsen und Dividenden) aus Ihrem Vermögen leben, so bietet Österreich eine durchaus konkurrenzfähige Alternative zur Schweiz und kommt nahe an die tiefste Einkommensbesteuerung in der Schweiz in Höhe von 20 Prozent heran. Wichtig sind die Berechnungsgrundlagen: Bei der österreichischen Kapitalertragsteuer sind die Bruttoerträge die steuerrelevante Berechnungsgrundlage. In der Schweiz können Sie die Erträge aus dem Vermögen über diverse Abzüge reduzieren wie zum Beispiel Hypothekarzinsen, Sozialversicherungsbeiträge und Krankenkassenkosten.
4. Aktiengewinnbesteuerung
Kapitalgewinne, also Gewinne auf Beteiligungen juristischer Personen, Aktien- und GmbH-Anteile, sind in der Schweiz grundsätzlich steuerbefreit. Wenn Sie als Privatier ausschliesslich von Aktiengewinnen leben, werden Sie in der Schweiz lediglich die kantonale Vermögensteuer bezahlen. In Österreich gilt bei Beteiligungsveräußerungen der halbe Steuersatz der ordentlichen Tarifsteuer - im Maximum somit 25 Prozent.
Achtung: Verlieren Sie die anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen nicht aus den Augen! So unterliegt zum Beispiel die Veräußerung einer deutschen Beteiligung nach Wohnsitznahme in der Schweiz weiterhin der deutschen Besteuerung, falls die Veräußerung nach Wegzug innerhalb von fünf Jahren (plus Wegzugsjahr) erfolgen würde.
Fazit: Bei Dividendenerträgen hat die Schweiz die Nase vorn.
5. Ruhestandswohnsitz
Wollen Sie auf Schweizer Boden keine Erwerbstätigkeit ausüben, können Sie die Pauschalbesteuerung beantragen. Die relevante Berechnungsgrundlage wird nach dem Lebensaufwand ermittelt (üblicherweise das Fünffache der Jahresmiete oder des Eigenmietwerts der selbstgenutzten Wohnung). Die günstigsten Berechnungsgrundlagen liegen - unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen - bei rund 50.000 Franken (zum Beispiel im Kanton Nidwalden). Darauf sind die kantonale und die Bundessteuer geschuldet (etwa 20 Prozent). Zusätzlich wird die Vermögenssteuer erhoben, wobei das Mindesteinkommen in Höhe von zum Beispiel 150.000 Franken mit 5 Prozent kapitalisiert wird. Das steuerbare Vermögen beträgt 3 Millionen Franken, die Steuerbelastung etwa 6.000 Franken.
Fazit: Für vermögende Personen mit mindestens 2 Millionen Euro liquidem Vermögen ist die Schweiz die bessere Lösung im Vergleich zu Österreich.
6. Erbschaftsteuer
In praktisch allen Schweizer Kantonen zahlen Ehepartner und direkte Nachkommen keine Erbschaftssteuer. Allerdings sehen die internationalen Steuerregeln vor, dass der Erbe mit Wohnsitz in Deutschland der deutschen Erbschaftsteuer zu unterstellen ist. Zusätzlich unterliegt ebenfalls der Erblasser im ersten Jahr des Wegzugs plus fünf weitere Jahre der unbeschränkten Erbschaftsteuer in Deutschland. Versterben Sie also während dieser Frist, so ist Ihr weltweites Vermögen in Deutschland voll mit der Erbschaftsteuer belastet. Sie profitieren also nicht vom Null-Steuersatz in der Schweiz.
Anders in Österreich: Hier kommt das Erbschaftsteuerrecht jenes Staates zur Anwendung, in dem der Erblasser zum Todeszeitpunkt steuerlich ansässig war. Das ist für Sie attraktiv, wenn Sie den Erstwohnsitz in Österreich hatten und während Ihrer Lebzeit die Kapitalertragsteuer von 25 Prozent bezahlt haben. Dadurch ist auf dieses Vermögen grundsätzlich die Erbschaftssteuer voll abgegolten. Dies gilt auch, wenn Ihre Erben ihren Wohnsitz in Deutschland haben (Freistellung gemäß DBA).
Fazit: Bei der Erbschaftsteuer liegt Österreich gegenüber der Schweiz klar im Vorteil.
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