FG befreit Selbstständige vom Formular "Anlage EÜR"
Nachtrag: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat das FG-Urteil aufgehoben, das in diesem Artikel erklärt wurde. Die Pflicht zur Anlage EÜR ist somit rechtens. Die Tipps in diesem Artikel sind somit hinfällig.
Selbstständige, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) ermitteln, müssen dazu nicht den amtlichen Vordruck "Anlage EÜR" verwenden, entschied das Finanzgericht Münster (FG, Aktenzeichen 6 K 2187/08). Das letzte Wort hat nun der Bundesfinanzhof (BFH), der unter dem Aktenzeichen X R 18/09 über die Anlage EÜR verhandelt.
Nach Ansicht des FG Münster gibt es keine wirksame Rechtsgrundlage für die Gewinnermittlung auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck. Die Finanzverwaltung könne sich hierfür nicht auf die Rechtsverordnung der Bundesregierung (Paragraf 60 Absatz 4 Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) stützen, da bereits die Voraussetzungen zum Erlass einer solchen Abgabeverpflichtung im Einkommensteuergesetz (EStG) nicht vorlägen. Die Gründe:
Zum einen werde mit der Verpflichtung zur Abgabe einer Gewinnermittlung nach amtlichem Vordruckmuster das Besteuerungsverfahren nicht vereinfacht, sondern vielmehr für diejenigen Unternehmer erschwert, die ihre Gewinne bislang mittels elektronischer Standard-Systeme ermittelten. Im Streitfall hatte der Unternehmer mit dem DATEV-System gearbeitet.
Zum anderen würden die Steuerzahler durch die Anlage EÜR ungleich behandelt. Das Formular sei eingeführt worden, um der Finanzverwaltung ein Mittel zu geben, um die Richtigkeit und Nachvollziehbarkeit der Angaben zu kontrollieren. Dies führe jedoch nicht zu einer gleichmäßigen Besteuerung, sondern zu einer Ungleichbehandlung im Gesetzesvollzug. Denn für Unternehmer, die ihren Gewinn durch Bilanzierung ermittelten, verfügten die Finanzbehörden derzeit über kein Kontrollmittel, das der Anlage EÜR entspreche. Deshalb würden vergleichbare Besteuerungssachverhalte bei Bilanzierern möglicherweise nicht aufgegriffen.
Die Finanzrichter sagten außerdem, die Finanzverwaltung könne die Verpflichtung zur Anlage EÜR nicht auf eine bloße Rechtsverordnung der Bundesregierung stützen. Vielmehr hätte es dazu eines Gesetzes bedurft.
Steuer-Tipp: Sparen Sie als Selbstständiger sich die Zeit und Arbeit für die Anlage EÜR. Erstellen Sie eine "normale" Einnahme-Überschuss-Rechnung, die Sie Ihrer Steuererklärung beifügen. Wenn das Finanzamt die Anlage EÜR anfordert, legen Sie dagegen Einspruch ein und verweisen auf die ausstehende BFH-Entscheidung (Aktenzeichen: X R 18/09). Sie müssten die Anlage EÜR nur dann nachreichen, falls der BFH dem Fiskus Recht gibt.
Hintergrund: Die Pflicht zur Anlage EÜR ergibt sich aus demBMF-Schreiben vom 21. September 2006, Aktenzeichen IV A 7 - S 1451 - 46/06. Demnach müssen Einnahme-Überschuss-Rechner in ihrer Steuererklärung für 2006 den amtlich vorgeschriebenen Vordruck zur Gewinnermittlung mit abgeben, wenn ihre Einnahmen pro Betrieb über 17.500 Euro liegen. Dieses ungeliebte Formular EÜR ist also nicht mehr freiwillig wie in den vergangenen beiden Jahren.
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