Die neue Steuer-Identifikationsnummer - Kontrolle von der Wiege bis zur Bahre
Die bundeseinheitliche Steuer-Identifikationsnummer (kurz: IdNr.) wurde zum 1. Juli 2007 eingeführt und gilt von der Geburt bis zum Tod. Sie ersetzte die bisherige Steuernummer und besteht aus 10 Ziffern und einer zusätzlichen Prüfziffer. Daraus ergeben sich Name, Anschrift, Geschlecht, Geburtstag und -ort sowie das zuständige Finanzamt.
Damit wird erstmals jeder Bürger mit einem unveränderlichen Kennzeichen von einer staatlichen Stelle zentral erfasst. Zuständig ist das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bonn. Die neue Nummer ändert sich weder durch Heirat, Umzug oder Finanzamtswechsel. Die Daten werden gelöscht, wenn sie von den Behörden nicht mehr benötigt werden, spätestens jedoch 20 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Steuerpflichtige verstarb.
Die neue Identifikationsnummer erleichtert nicht nur das elektronische Lohnsteuerverfahren, sondern ermöglicht auch neue Kontrollen. So müssen Sie beispielsweise künftig Ihre Identifikationsnummer angeben, wenn Sie im EU-Ausland ein Konto eröffnen, und nachreichen, wenn Sie dort bereits eins unterhalten.
Finanzämter ermitteln schneller, sicherer und effizienter
Für die Finanzbehörden war die Einführung der Steueridentifikationsnummer der Sprung ins digitale Zeitalter und zugleich der Anschluss an Europa. In anderen EU-Mitgliedsstaaten waren einheitliche Identifikationsmerkmale wie die so genannte "Taxpayer Identification Number (Tin)" bereits weit verbreitet. Die neue Nummer sollte dem Bürokratieabbau dienen und die Besteuerung modernisieren. So sah es jedenfalls das Bundesfinanzministerium (BMF).
Doch Berliner Eingeweihte munkelten, dass die neuen Nummern in erster Linie dabei helfen sollten, Steuermauscheleien zu verhindern. Dies galt zum Beispiel für den Finanzamtstourismus, der vor allem bei Umsatzsteuerbetrügern beliebt war. Dabei gab der Steuerpflichtige bei mehreren Finanzämtern unter verschiedenen Steuernummern seine Umsatzsteuererklärungen ab und hoffte auf hohe Vorsteuererstattungen. Mit der IdNr. und dem Zugriff auf eine einheitliche Datenbank ist die Nummer eindeutig einer Person oder Firma zuzuordnen, wodurch das Finanzamt schneller und effizienter ermitteln kann. Tricksereien mit unterschiedlichen Namen oder Anschriften werden schnell erkannt.
Details zur Steuernummer: Wer, was, wie lange?
Zwei Identifikationsnummern werden vergeben:
- für natürliche Personen eine steuerliche Identifikationsnummer (IdNr.) nach § 139b Abgabenordnung (AO).
- für wirtschaftlich tätige natürliche Personen (zum Beispiel Einzelunternehmer, Freiberufler), juristische Personen (zum Beispiel GmbH, AG) und Personenvereinigungen (zum Beispiel GbR, OHG) die steuerliche Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-IdNr.) nach § 139c AO.
Die neue individuelle Identifikationsnummer (IdNr.) besteht aus 11 Ziffern und wird jedem Bürger bei seiner Geburt automatisch durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zugeteilt und gespeichert. Zu jeder Nummer speichert der Fiskus die Angaben zu
- Familienname, Vorname (auch frühere Namen, Künstlernamen etc.),
- Doktorgrad,
- Geburtsdatum und Geburtsort,
- Geschlecht,
- gegenwärtige/zuletzt bekannte Anschrift,
- eventueller Sterbetag,
- eventuell vergebene Wirtschafts-Identifikationsnummern und
- zuständige Finanzbehörde.
Die IdNr. wird erst 20 Jahre nach dem Tod des Steuerzahlers gelöscht, weil Erben für eventuelle Steuerschulden des Erblassers haften. Wegen der Fristverlängerungsvorschriften kann das Finanzamt mehr als ein Jahrzehnt nach dem Tod des Erblassers auf die Erben zukommen, wenn es zum Beispiel vermutet, dass der Verblichenen Steuern hinterzogen hatte.
Datenschützer kritisieren die Steuernummer
Kritiker sehen in der Steueridentifikationsnummer einen weiteren Schritt zum "gläsernen Bürger". Für Datenschützer ist die neue Steuernummer zusätzliches Überwachungsinstrument für den Staat. "Durch die bereits etablierten Kontroll- und Abfragemöglichkeiten in Verbindung mit der Identifikationsnummer droht der gläserne Steuerzahler", warnte etwa der Bund der Steuerzahler. Kontrollmeldungen der Banken, Versicherungen oder Bausparkassen seien nichts anderes als Datenübermittlungen zu den Finanzbehörden - und diese liefen dann künftig zentral über die persönliche Identifikationsnummer.
Zwar darf nach der jetzigen Gesetzeslage nur das Finanzamt Daten beim Bundeszentralamt für Steuern abrufen. Anderen Behörden ist der Abruf nur dann erlaubt, wenn er für den Datenaustausch mit den Finanzämtern erforderlich ist. Das aber beruhigt die Kritiker kaum. "Wer garantiert, dass die Datei später nur zum Datenaustausch für das Finanzamt genutzt wird?", fragt der Berliner Steueranwalt und Steuerberater Andreas Mainczyk. "Ist erst mal eine solche umfassende Datensammlung von allen Bundesbürgern eingerichtet, sollte es mich wundern, wenn nicht auch andere Behörden im Lauf der Zeit Zugang zu den gespeicherten Daten erhielten."
Gläserne Rentner und Anleger
Für Rentner verschärfte sich durch die neue Identifikationsnummer eine Steuerfalle. Hintergrund: Seit 2005 sind nach dem Alterseinkünftegesetz Renten, Betriebsrenten und private Altersbezüge steuerpflichtig. Einige Rentner haben das übersehen - ob versehentlich oder nicht, spielt keine Rolle. Jetzt mussten sie unverzüglich ihre IdNr. den Rentenversicherern melden. Diese gaben die Rentenbezugsmitteilung mit der Steuernummer an die zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen in Brandenburg weiter. Nach einer Schätzung (vor Einführung der IdNr.) der Deutschen Steuer-Gewerkschaft könnte es bis zu 400.000 Senioren getroffen haben, die dann eine Steuererklärung abgeben mussten.
Auch Anleger waren betroffen. Sie mussten Ihre Identifikationsnummer künftig bei der Kontoeröffnung im EU-Ausland angeben oder nachreichen, wenn Sie dort schon ein Konto unterhielten. Die Folge: Nur in EU-Staaten mit einer Quellensteuer (damals: Belgien, Österreich, Luxemburg) blieben deutsche Anleger weiterhin anonym. Alle anderen EU-Staaten meldeten die jährlichen Zinserträge deutscher Anleger mit den dazugehörigen Steuernummern an die deutsche Finanzverwaltung.
Pessimisten sagten vorher, dass mit der neuen Identifikationsnummer in naher Zukunft jede bargeldlose finanzielle Transaktion eines Bürgers mit seiner einmaligen Identifikationsnummer verknüpft werde. So entstünde ein nahezu lückenloses Profil über seine Aktivitäten.
Übrigens: Die realen Auswirkungen einer solchen Identifikationsnummer kann man sehr gut in Brasilien beobachten. Dort erhält ebenfalls jeder Bürger vom Finanzministerium eine eindeutige lebenslang gültige Steuernummer, CPF genannt. Ohne eine CPF kann man in Brasilien legal kein Konto eröffnen, kein Auto anmelden oder einen Festnetztelefonanschluss beantragen.
Schnellübersicht Steuernummer: Was ersetzte was?
Bisherige Steuernummer | Neue Steuer-Identifikationsnummer |
---|---|
Steuernummer einer Einzelperson. Zu finden auf dem Steuerbescheid oben links. | Steuer-Identifikationsnummer (IdNr.), bundesweit und lebenslang gültig |
Ehepaare: Steuernummer des "führenden" Ehepartners | Beide IdNr., bundesweit und lebenslang |
Erbengemeinschaft: separate Steuernummer | IdNr. der Erben |
Zulagennummer | IdNr. oder W-IdNr., je nach gewährter Zulage |
Steuernummer einer GmbH, OHG, GbR oder anderer Zusammenschlüsse, jeweils lokal vergeben, auch für Zweigstellen und Zweigniederlassungen | W-IdNr. des Unternehmens, bundesweit einheitlich |
Erbschaftsteuernummer | IdNr. des Verstorbenen |
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