Was sich (steuerlich) ab 2022 ändert

Der Gesetzgeber hat zum Jahresende einige Neuerungen auf den Weg gebracht. Die wichtigsten steuerlichen Änderungen fasst Ecovis-Steuerberater Alexander Kimmerle in Kempten für Sie zusammen.

Auto: Elektroautos bleiben attraktiv

Unternehmer müssen die private Nutzung ihres betrieblichen Pkws versteuern. Die meisten Unternehmer entscheiden sich hier für die Besteuerung nach der Ein-Prozent-Methode. Bemessungsgrundlage dafür ist der Bruttolistenpreis des Pkws. Zur Förderung der Elektromobilität hat der Gesetzgeber eine Ermäßigung des Bruttolistenpreises auf die Hälfte oder ein Viertel bei E-Autos und Hybrid-Fahrzeugen zugelassen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Diese Ermäßigung gilt auch bei der Pkw-Überlassung an Arbeitnehmer.

Ab 01.01.2022 gelten schärfere Vorschriften für Hybrid-Fahrzeug sowie für E-Autos, deren Bruttolistenpreis mehr über 60.000 Euro liegt. Ab 2022 darf der Bruttolistenpreis nur dann zur Hälfte herangezogen werden, wenn die Fahrzeuge maximal 50 Gramm CO2-Emmission je gefahrenem Kilometer aufweisen und der Elektromotor eine Reichweite von mindestens 60 Kilometern hat. Und: Die Innovationsprämie, die den Kauf von E-Auto oder Plug-in-Hybrid verbilligt, gilt auch 2022.

Mindestlohn steigt

Der gesetzliche Mindestlohn steigt auch im Jahr 2022 weiter an. Im ersten Halbjahr beträgt er 9,82 Euro. Zum 01.07.2022 erhöht er sich auf 10,45 Euro.

Geringfügig Beschäftigte und elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Arbeitgeber müssen künftig auch Daten zum Krankenversicherungsträger ihrer geringfügig Beschäftigten erheben und diese der Minijob-Zentrale melden.

Ab 01.01.2022 gilt dies zunächst für kurzfristig Beschäftigte. Arbeitgeber müssen melden, ob Angestellte gesetzlich oder privat krankenversichert sind. Ziel der Regelung ist die Verbesserung des Krankenversicherungsschutzes für kurzfristig Beschäftigte.

Zudem soll ab 01.07.2022 eine elektronische Meldung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) seitens der Krankenkassen an die Arbeitgeber erfolgen. Die elektronische AU (eAU) ersetzt die bisherige AU auf Papier. Arbeitnehmer, die Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse sind, müssen dann selbst nur noch ihre Arbeitsunfähigkeit beim Arbeitgeber anzeigen. Da geringfügig entlohnte Minijobber bisher keine Angaben zur Krankenversicherung machen mussten, sind deren Daten für die eAU nun einzuholen. Details dazu hier: Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Ab Juli 2022 ist sie Pflicht (ecovis.com).

Sachlohnbegriff und höhere Freigrenze von 50 Euro

Die Wertgrenze für Sachbezüge steigt. Ab 01.01.2022 können Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern einen Sachbezug von 50 Euro statt 44 Euro gewähren.

Der 44-Euro-Sachbezug stellt ein beliebtes Mittel dar, mit dem Arbeitgeber ihren Arbeitnehmer ein kleines Extra-Gehalt gewähren können. Die Regelungen hierfür sind nun jedoch deutlich verschärft. Um als Sachbezug zu gelten, dürfen bereits jetzt nur noch Gutscheine und Geldkarten ausgegeben werden, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen. Ab 01.01.2022 darf der Gutschein oder die Geldkarte nur noch bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen oder für eine sehr begrenzte Waren- oder Dienstleistungspalette einlösbar sein.

Begrenzt ist der Kreis von Akzeptanzstellen, wenn sich der Gutschein nur in der eigenen Produktpalette des Gutschein-Ausstellers einlösen lässt. Hinsichtlich der Waren- und Dienstleistungspalette dürfen die Gutscheine nur zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen, zum Beispiel bei Online-Händlern nur aus dessen eigenen Produktpalette (Verkauf und Versand durch den Online-Händler). Sie dürfen nicht auch für Produkte von Fremdanbietern (zum Beispiel Marketplace) einlösbar sein. Der Amazon- oder Ebay-Gutschein gilt damit nicht mehr als Sachbezug. Die Grundsätze sind auch bei Aufmerksamkeiten an Arbeitnehmer bis zu 60 Euro (zum Beispiel zum Geburtstag) zu beachten.

„Viele Anbieter haben ihr Angebot bereits angepasst. Arbeitgeber sollten zukünftig trotzdem unbedingt darauf achten, dass die genannten Voraussetzungen erfüllt sind“, rät Steuerberater Alexander Kimmerle.

Grundsteuer-Feststellungserklärung

Die Grundstücksbewertung für die Grundsteuer hat der Gesetzgeber komplett neu geregelt.

Anstelle des derzeit maßgeblichen Einheitswerts soll die Ermittlung der Grundsteuer nun auf Grundlage von Grundbesitzwerten erfolgen. Damit die Finanzämter die Grundbesitzwerte feststellen können, müssen Grundstücksbesitzer ihre Grundstücke nun in Feststellungserklärungen erfassen. Allerdings haben sie hierfür nur vier Monate Zeit – vom 01.07.2022 bis 31.10.2022. Die Grundsteuer selbst ändert sich erst ab 01. Januar 2025. Bis dahin müssen die Finanzämter aber für alle grundsteuerbelasteten Grundstücke in Deutschland neue Werte festgestellt und an die Städte und Gemeinden weitergeleitet haben.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass zum 31.12.2021 eine außerplanmäßige Neufeststellung der Bodenrichtwerte durch die Gutachterausschüsse geplant ist.

„Wollen Sie eine Immobilie oder ein Grundstück verschenken, dann sollten dies aufgrund der möglichen höheren Bodenrichtwerte möglichst noch in diesem Jahr tun“, rät Kimmerle.

Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts - KöMoG

Das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) wurde vom Bundeskabinett am 24. März 2021 beschlossen. Es gibt Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG, GmbH & Co KG), Partnerschaftsgesellschaften und vergleichbaren ausländischen Gesellschaften die Möglichkeit sich steuerlich als Körperschaft behandeln zu lassen. Dies hat zur Folge, dass der Gewinn der Gesellschaft zukünftig neben der Gewerbesteuer auch der Körperschaftsteuer unterliegt. Im Gegenzug müssen die Gesellschafter auf den Gewinn der Gesellschaft zunächst keine Einkommensteuer zahlen. Erst auf eine Ausschüttung wird die Kapitalertragsteuer wie bei Dividenden erhoben.

Die Option zur Körperschaftsbesteuerung lässt sich nur auf Antrag ausüben. Die Option hat lediglich steuerliche Folgen. Zivil- und gesellschaftsrechtlich ändert sich nichts. Der Antrag ist nach amtlich vorgeschriebener Datensatz zu stellen. Er muss elektronisch spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres übermittelt werden, ab dem die Besteuerung als Körperschaft erfolgen soll. Für Unternehmen mit kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr wäre dies bei einer beabsichtigten Option für das Jahr 2022 folglich bis zum 30.11.2021 möglich.

„Eine pauschale Aussage, für wen sich die Option zur Körperschaftsteuer lohnt, ist nicht möglich, da es bei der Umstellung eine Vielzahl an Fallstricken zu beachten gibt, die immer von den persönlichen Verhältnissen abhängen“, sagt Alexander Kimmerle, „interessieren Sie sich für die Option zur Körperschaftsteuer, dann sollten Sie dies mit Ihrem Steuerberater besprechen.“

Höhere Freibeträge

Der Grundfreibetrag für die Einkommensteuer, der zu Absicherung des Existenzminimums dient, steigt ab dem Jahr 2022 auf 9.984 Euro, bei Zusammenveranlagung auf 19.968 Euro.

Der Unterhaltshöchstbetrag steigt ebenfalls. Ab 2022 beträgt dieser 9.984 Euro. Diesen können beispielweise Steuerpflichtige in ihrer Steuererklärung geltend machen, wenn sie ihre Kinder finanziell unterstützen, für die sie jedoch keinen Anspruch auf Kindergeld haben.

Alleinerziehend können einen Entlastungsbetrag von 4.008 Euro abziehen, wenn zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht. Für jedes weitere Kind erhöht sich der Betrag um jeweils 240 Euro. Dieser Betrag galt bereits für die Jahre 2020 und 2021, um die besonderen Belastungen aufgrund der Corona-Pandemie zu berücksichtigen. Nun findet der Betrag auch über 2021 hinaus Anwendung.

Zinssatz für Steuernachforderungen und Steuererstattungen

Das Bundesverfassungsgericht hat am 08.07.2021 entschieden, dass der Zinssatz für Steuernachforderungen und Steuererstattungen in Höhe von sechs Prozent pro Jahr verfassungswidrig ist und die Finanzverwaltung ihn ab dem Jahr 2019 nicht mehr anwenden darf. Für eine Neuregelung hat der Gesetzgeber bis zum 31.07.2022 Zeit. Wie hoch der Zinssatz sein wird, ist noch nicht bekannt.

Ab Januar steigen die Sachbezugswerte für an Arbeitnehmer gewährte unentgeltliche oder verbilligte Mahlzeiten

Wenn Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen von ihrem Chef kostenlose oder verbilligt Mahlzeiten, wie Kantinengutscheine, bekommen, ist das für sie ein „geldwerter Vorteil“. Für diesen geldwerten Vorteil müssen Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer zahlen. Arbeitnehmer müssen ihn versteuern.       

Der Wert des geldwerten Vorteils lässt sich nur mit hohem Aufwand korrekt ermitteln. Deshalb hat das Bundesfinanzministerium (BMF) dafür Pauschalbeträge, also Sachbezugswerte, je nach Umfang der Verpflegung festgelegt. Diese Pauschalbeträge bekommen Arbeitnehmer zusätzlich zum Bruttolohn je nach Art der gewährten Verpflegungsleistung, zum Beispiel Vollverpflegung mit drei Mahlzeiten täglich oder nur Mittagessen.

Welche Sachbezugswerte 2022 für Verpflegung gelten

Das BMF hat mit Schreiben vom 20.12.2021 die Pauschalwerte für das Kalenderjahr 2022 bekannt gegeben:

             Frühstück  Mittagessen Abendessen  Vollverpflegung            

pro Tag     1,87 €          3,57 €         3,57 €               9 €

pro Monat    56 €           107 €          107 €            270 €

Der Wert für eine Unterkunft beträgt ab 01.01.2022 241 Euro pro Monat.

Diese Fristverlängerungen gelten auch noch über den 31.12.2021 hinaus:

  •    6b-Rücklage: Die Frist zur Reinvestition einer gewinnmindernden Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG verlängert sich um zwei Jahre, wenn die Rücklage am Schluss des nach dem 29.2.2020 und vor dem 1.1.2021 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre, und um ein Jahr, wenn die Rücklage am Schluss des nach dem 01.01.2020 und vor dem 01.01.2022 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre.
  •   Corona-Bonus: Die Auszahlungsfrist für den Corona-Bonus an Arbeitnehmer wurde verlängert. Arbeitgeber können ihren Mitarbeitern noch bis 31.03.2022 den Corona-Bonus in Höhe von 1.500 Euro steuer- und sozialabgabenfrei zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn auszahlen, soweit dieser noch nicht gezahlt wurde.

    Die Frist für die Ersatzbeschaffung oder Reparatur bei Beschädigung nach Bildung einer Rücklage verlängert sich um ein Jahr, wenn die Rücklage am Schluss eines nach dem 31.12.2020 und vor dem 01.01.2022 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre.

  •  Investitionsabzugsbetrag: Die Frist für Investitionsabzugsbeträge, deren dreijährige oder auf vier Jahre verlängerte Investitionsfrist 2021 ausläuft, wurde um ein Jahr auf vier bzw. fünf Jahre verlängert. Konkret heißt das, dass die Frist für in den Jahren 2017, 2018 und 2019 gebildeten Investitionsabzugsbeträge im Jahr 2022 endet.