Corona-Krise – diese steuerlichen Hilfen können Sie als Arbeitnehmer und Unternehmer nutzen

Die Pandemie des neuartigen Coronavirus (COVID-19) hält die Welt in Atem. Nun hat das Bundesfinanzministerium (BMF) die ersten steuerlichen Hilfen in die Wege geleitet (BMF Schreiben vom 19.03.2020 AZ: IV A 3 -S 0336/19/10007:002 DOK 2020/0265898). In unserem Artikel erklären wir Ihnen, welche Erleichterungen die Politiker aufgrund der Corona-Pandemie für Sie im unternehmerischen wie auch im privaten Bereich eingeführt haben und wie Sie sowohl als Unternehmer als auch als Privatperson Entlastungen geltend machen können.

Von Dipl.-Finanzwirt (FH) Stefan Weiher

Stundung der Steuerschuld

Die ersten Entlastungen, die das Bundesfinanzministerium beschlossen hat, gelten insbesondere für Unternehmen, Freiberufler und Selbstständige. So können zum Beispiel betroffene Unternehmer eine Stundung nach § 222 AO beantragen. Eine Stundung einer Steuerschuld ist die Möglichkeit, fällige Steuern erst zu einem späteren Zeitpunkt zu begleichen. Damit haben die Unternehmen die Möglichkeit in der Krise, in der zum Beispiel ihr Geschäft geschlossen bleiben muss, ihre Liquidität zu erhöhen und erstmal die anderen laufenden Kosten wie zum Beispiel die Mietaufwendungen oder die Personalkosten zu bezahlen. Die Stundung soll auf Antrag zinsfrei und ohne Säumniszuschläge bis zum 31.12.2020 gewährt werden und kann für Zahlungen von Einkommensteuer, Körperschaftssteuer und Umsatzsteuer genutzt werden.

Hinweis: Bei dem Antrag auf Stundung müssen Sie Ihren Schaden in der Corona-Krise nicht genau berechnen. Sie müssen lediglich nachweisen, dass Sie tatsächlich betroffen sind, zum Beispiel weil Ihr Geschäft geschlossen bleiben musste.

Mit der Vorlage beantragt ein Steuerpflichtiger beim Finanzamt die Stundung einer Steuerschuld wegen einer erheblichen Härte.

Als Stundung bezeichnet man die Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner, eine bestimmte Zeit auf die Realisierung einer fälligen Forderung, hier Steuerschuld, zu verzichten. Nach § 222 der Abgabenordung muss die Stundung vom Steuerpflichtigen beantragt und begründet werden.

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Vollstreckungsaufschub

Sind Steuerzahlungen von Unternehmern, Freiberuflern oder Selbstständigen bereits fällig und können diese wegen der aktuelle Corona-Krise nicht bezahlt werden, sollten betroffene Unternehmer auch einen Antrag auf Vollstreckungsaufschub nach § 258 AOstellen. Das Finanzamt versucht dann nicht die überfälligen Steuern einzutreiben und verzichtet auf Maßnahmen, wie zum Beispiel eine Kontenpfändung oder die Beauftragung eines Gerichtsvollziehers. Auf sämtliche Beitreibungsmaßnahmen verzichtet das Finanzamt bis zum 31.12.2020. Säumniszuschläge für die überfälligen Steuern, die in dieser Zeit anfallen, sollen erlassen werden. Den Vollstreckungsaufschub können die Unternehmer für überfällige Einkommenssteuern, Körperschaftsteuern und Umsatzsteuern beantragen.

Anpassung der Steuervorauszahlungen

Eine weitere Möglichkeit für Unternehmen, Freiberufler oder Selbstständige ist die Anpassung der Steuervorauszahlungennach § 37 EStG. Viele Unternehmen müssen Vorauszahlungen bei der privaten Einkommensteuer bezahlen. Hintergrund ist, dass der Unternehmensgewinn zunächst unversteuert bleibt, bis die Einkommensteuererklärung abgegeben wird. Arbeitnehmer haben die Vorauszahlung für die Einkommensteuer ja schon über die einbehaltene Lohnsteuer abgezogen bekommen.

Die Vorauszahlung orientiert sich immer an dem zu erwartenden Unternehmensgewinn. Dazu wird in der Regel bei der Berechnung der Vorauszahlung der Wert des Vorjahres angesetzt. Da durch die aktuelle Corona-Krise und die damit verbundene Schließung der Unternehmen die Unternehmensgewinne voraussichtlich sinken werden, können die Unternehmen die Vorauszahlung anpassen lassen. Diese Anpassungsmöglichkeit gilt für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuern.

Tipp: Reichen Sie als Beleg für den Antrag auf Anpassung der Vorauszahlung eine aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) ein und argumentieren Sie, wie Sie von der aktuellen Krise betroffen sind.

Pauschalierter Verlustrücktrag für Vorauszahlungszwecke für Unternehmen und Vermieter

Wer für das Jahr 2019 noch keinen Steuerbescheid erhalten hat, kann nun rückwirkend die Steuervorauszahlungen für das Jahr 2019 anpassen lassen, indem er einen formlosen Antrag auf eine Pauschalierung eines Verlustrücktrags stellt. BMF-Schreiben vom 24. April 2020 (Az. IV C 8 – S 2225/20/10003).

Hintergrund: Das Finanzamt verlangt im Regelfall von Unternehmern, Freiberuflern aber auch von Vermietern quartalsweise Steuervorauszahlungen auf die Einkommensteuer, da die Unternehmensgewinne und die Vermietungseinkünfte im laufenden Jahr den Unternehmer bzw. den Vermieter unversteuert erreichen. Wer nur Lohneinkünfte erzielt, muss in der Regel keine Vorauszahlungen zahlen, da ja schon die Lohnsteuer als Vorauszahlung vom Arbeitgeber einbehalten wird. Im Regelfall bemisst sich die Höhe der Vorauszahlung nach dem Gewinn bzw. Überschuss, den Sie zuletzt erzielt haben.

Nachträgliche Verlustberücksichtigung

Erwarten Sie nun einen Verlust für das Jahr 2020, so können Sie beantragen das Pauschal 15 Prozent des Verlustes für die Vorauszahlung 2019 nachträglich berücksichtigt werden. Dann erhalten Sie in dieser Höhe die Vorauszahlungen zurückerstattet. Damit schenkt Ihnen das Finanzamt zwar kein Geld, sorgt aber in der schweren Corona-Phase für die betroffenen Unternehmer bzw. Vermieter für mehr Liquidität. Die Verluste des Jahres 2020 würden sonst erst mit der Bekanntgabe des Steuerbescheides 2020, also erst im Laufe des Jahres 2021 Berücksichtigung finden.

Beispiel: Max Clever betreibt ein Restaurant. Im Jahr 2018 hat Max Clever 50.000 Euro Gewinn gemacht. Für das Jahr 2019 hat das Finanzamt diesen Gewinn für die Berechnung der Vorauszahlungen zu Grunde gelegt. Max Clever hat seine Einkommensteuererklärung 2019 noch nicht beim Finanzamt eingereicht. Für 2020 rechnet er damit, einen Verlust von 30.000 Euro zu machen, da er sein Restaurant in der Corona-Krise schließen musste.

Lösung: Max Clever kann einen Antrag auf einen pauschalierten Verlustrücktrag beim Finanzamt stellen. Max Clever erhält dann 15 Prozent von 30.000 Euro = 4.500 Euro pauschal als Verlustrücktrag. Das Finanzamt berechnet  die Vorauszahlungen für das Jahr 2019 neu, in dem es nun die Vorauszahlungen statt mit 50.000 Euro Unternehmensgewinn nur mit 50.000 – 4.500 Euro = 45.500 Euro Gewinn berechnet. Die Differenz zwischen der bisher gezahlten Vorauszahlung und der neu berechneten Vorauszahlung erhält Max Clever ausgezahlt. Gibt Max Clever seine Einkommensteuererklärung 2019 ab, wird nun auf die zu bezahlende Steuer die reduzierte Vorauszahlung angerechnet.

Der pauschale Verlustrücktrag ist auf eine Millionen Euro bei einer Einzelveranlagung beschränkt. Bei Zusammenveranlagungen beträgt die Grenze maximal 2 Millionen Euro.

Zuschüsse für z.B. Miet- und Pachtkosten

Weiterhin können Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler Zuschüsse beantragen, wie zum Beispiel für Miet- und Pachtkosten. Diese Zuschüsse sind grundsätzlich steuerpflichtig und müssen in der Gewinnermittlung der Unternehmer als sonstige Einnahmen erfasst werden. Nähere Informationen dazu finden Sie in dem separaten Beitrag "Corona-Krise – diese steuerlichen Hilfen können Sie als Arbeitnehmer und Unternehmer nutzen".

Betriebsprüfungen während der Corona-Krise

Betriebsprüfungen für Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler finden auch in diesem Jahr und aktuell auch während der Corona-Krise statt. Der Betriebsprüfer kommt jedoch nicht wie sonst üblich in das Unternehmen, sondern lässt sich alle Unterlagen ins Finanzamt bringen, um dann an Amtsstelle zu prüfen. Viele Betriebsprüfer bieten auch an, die Betriebsprüfung elektronisch per Email-Verkehr durchzuführen. Für die Betriebsprüfung per Email-Verkehr müssen Sie jedoch explizit zustimmen und die Datenschutzbestimmungen des Finanzamtes akzeptieren.

Steuertipp: Sollte die Betriebsprüfung des Finanzamts bereits abgeschlossen sein und zum Beispiel wegen aufgedeckter Buchhaltungsfehler Steuernachzahlungen festgesetzt werden, dürfte es aufgrund der Corona-Krise länger als üblich dauern, bis ein Betriebsprüfungsbericht und die dazugehörigen Änderungsbescheide ergehen. Diese Verzögerung ist ungünstig für Unternehmen, weil für jeden weiteren Monat Wartezeit Zinsen nach § 233a AO in Höhe von 0,5 Prozent der Steuernachzahlungen anfallen.

Tipp eines Steuerprüfers: Zahlen Sie die Steuernachzahlung vorab!

Bitten Sie daher Ihren Betriebsprüfer, dass er Ihnen ausrechnet, wie hoch die zu erwartende Steuernachzahlung voraussichtlich sein wird. Denn das betroffene Unternehmen kann mit der Erhebungsstelle des Finanzamtes vereinbaren, die zu erwartende Steuerzahlung bereits vorab zu leisten. Ab diesem Zeitpunkt werden die Zinsen nach § 233a AO dann später erlassen. Diesen Steuertipp kann man im Übrigen unabhängig von der Corona-Krise anwenden, um Kosten zu sparen.

Reduzieren Sie Ihre Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung bis auf 0 Euro

Eine weitere Möglichkeit für Unternehmen, um in der Phase der Corona-Krise mehr Geld zu erhalten und damit die sinkenden Einnahmen abzufedern, ist ein korrigierter Antrag der geleisteten Umsatzsteuer-Sondervorauszahlungen. Das Finanzamt verzichtet auf die Sondervorauszahlung der Umsatzsteuer und erstattet den von der Corona-Krise betroffenen Unternehmen die bereits gezahlte Sondervorauszahlung.

So gehen Sie vor: Füllen Sie den Antrag auf Dauerfristverlängerung / Anmeldung der Sondervorauszahlung für das Steuerjahr 2020 aus. Füllen Sie die Zeile 22 mit einer 1 aus, um zu kennzeichnen dass es sich um eine berichtigte Anmeldung der Sondervorauszahlung handelt. Tragen Sie nun in der Zeile 24 eine 0 ein, um die bereits bezahlte Sondervorauszahlung erstattet zu bekommen.

Welche Punkte muss ich als Arbeitnehmer bei der Einkommensteuer beachten?

Auch als Privatperson ohne Unternehmen kann man von der Krise betroffen sein. Doch auch hier gibt es Möglichkeiten über die ein paar Steuertricks Steuerzahlungen zu verschieben, um in der aktuellen Corona-Krise mehr Geld zur Verfügung zu haben. Gerade in Familien, die von Kurzarbeit betroffen sind, ist jeder Euro mehr in der Krise wichtig.

Besitzen Sie zum Beispiel eine Eigentumswohnung, die Sie vermieten und kann Ihr Mieter wegen der Corona-Krise die laufende Miete nicht mehr bezahlen, können Sie Ihre Einkommensteuervorauszahlungen nach § 37 EStG anpassen lassen, weil bei der ursprünglichen Berechnung der Einkommensteuervorauszahlungen diese besonderen Umstände noch nicht berücksichtigt wurden.

Mit Lohnsteuerfreibeträgen mehr Geld auf dem Konto

Des Weiteren kann es für Arbeitnehmer sinnvoll sein, Lohnsteuerfreibeträge bei Finanzamt geltend zu machen, damit in den laufenden Monaten mehr Netto-Gehalt übrig bleibt. So können Engpässe in der Corona-Krise vermieden werden. Sie können sich sämtliche Werbungskosten, wie zum Beispiel Fahrtkosten, Ausbildungskosten oder Berufsbekleidung eintragen lassen, wenn diese insgesamt mehr als 1.600 Euro betragen.

Wer in der Corona-Krise an gemeinnützige oder wohltätige Einrichtungen Gelder oder Sachen, wie zum Beispiel Mundschutz, spendet, kann diese Spenden bei der Einkommensteuererklärung als Sonderausgaben steuermindernd geltend machen.

Steuern sparen mit Krankheitskosten

Wer an dem Corona-Virus erkrankt ist, kann sämtliche Krankheitskosten, die er von der Krankenkasse nicht erstattet bekommen hat, bei der Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastungen geltend machen.

Gut zu wissen: Großzügige Arbeitgeber können, unabhängig ob ihr Unternehmen von der Corona-Krise betroffen ist, ihren Arbeitnehmern Beihilfen und Unterstützungen steuerfrei zukommen lassen. Diese Unterstützungen können sowohl in Form von Geld  als auch in Form von Sachzuwendungen, wie zum Beispiel Lebensmittel, dem Arbeitnehmer geschenkt werden. 

Wird diese Zuwendung an den Arbeitnehmer im Zeitraum vom 01.03.2020 bis zum 31.12.2020 gewährt, ist diese bis maximal 1.500 Euro steuerfrei. (BMF-Schreiben vom 09.04.2020, Az. C 5 - S 2342/20/10009). ACHTUNG! Wird dieser Zuschuss allerdings gezahlt, um das Kurzarbeitergeld aufzustocken, so sind diese Gelder nicht steuerfrei!

Wer in der Corona-Krise Kurzarbeitergeld erhält, muss dieses in seiner Einkommensteuererklärung im Rahmen des Progressionsvorbehaltes versteuern. Darauf sollten Sie vorbereitet sein. Alle Infos dazu finden Sie HIER.  

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