Wohneigentum und Förderung: Deutschland ist Schlusslicht in der EU
Liebe Leserin, lieber Leser, in Deutschland hat das Interesse an den eigenen vier Wänden in der jüngeren Vergangenheit deutlich zugenommen: 1998 gehörten 39 Prozent der Wohnungen den Menschen, die darin lebten. 2006 betrug die Wohneigentumsquote 41,6 Prozent, bis 2013 stieg sie auf über 45 Prozent (Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln).
Staatliche Förderung von Eigenheimbesitzern in Deutschland gleich null
Dennoch bildet Deutschland in Europa das Schlusslicht in Sachen Wohneigentum. Der Durchschnitt der Wohneigentumsquote liegt innerhalb der Europäischen Union (EU) bei 70 Prozent. Ein Grund für die hohen Quoten in den anderen europäischen Ländern sind deren verhältnismäßig üppige staatliche Förderungen für den privaten Wohnungsbau.
Seit dem Wegfall der Eigenheimzulage ab dem Jahr 2006 fördert der deutsche Staat Eigenheimbesitzer überhaupt nicht mehr. Im Gegenteil: Die Grunderwerbsteuer steigt in den Bundesländern stetig.
Einzig die so genannten haushaltsnahen Handwerkerleistungen lassen sich indirekt als (magere) Förderung ansehen: Besitzer oder Mieter eines Eigenheims sparen mit ihrer Immobilie Steuern, wenn sie einen Handwerker mit Reparaturen beauftragen. Dann dürfen sie 20 Prozent des Arbeitslohns aus der Handwerkerrechnung einschließlich Mehrwertsteuer direkt von ihrer persönlichen Einkommensteuer abziehen, maximal 1.200 Euro im Jahr.
Steuern sparen lassen sich beispielsweise durch Arbeiten am Dach oder an der Fassade, durch eine Reparatur oder einen Austausch von Fenstern und Türen, aber auch durch das Streichen und Lackieren von Türen, Fenstern (innen und außen), Wandschränken, Heizkörpern und Heizungsrohren sowie die Reparatur oder den Austausch von Bodenbelägen (zum Beispiel Teppichboden, Parkett, Fliesen).
Haushaltsnahe Handwerkerleistungen zu bürokratisch
Allerdings hat der Gesetzgeber das Instrument der haushaltsnahen Handwerkerleistungen mal wieder ausgesprochen bürokratisch ausgestattet: Immobilienbesitzer und Mieter kommen nur dann in den Genuss des Steuervorteils, wenn sie eine detaillierte Handwerkerrechnung und einen Nachweis der unbaren Zahlung vorweisen, zum Beispiel eine Banküberweisung, Scheck oder Kontoauszug. Das verstehe ich ja noch, schließlich wollte der Gesetzgeber mit diesem Steuerbonbon gleichzeitig die Schwarzarbeit eindämmen.
Was ich jedoch nicht verstehe, ist die anfangs pingelige Abgrenzung zwischen Altem und Neuem: Während Reparaturen und Instandsetzungen an einer Immobilie steuerlich abziehbar waren, erkannte das Finanzamt keine Kosten für "Neuerschaffungen" an, zum Beispiel für einen Anbau an einem bestehenden Haus.
In den ersten Jahren des Gesetzes, ging diese Trennung so weit, dass zum Beispiel neue Bodenbeläge steuerlich begünstigt waren, die Erneuerung des darunter liegenden Estrichs jedoch nicht, wenn gleichzeitig eine Fußbodenheizung installiert wurde. In diesen Fällen war Streit mit dem Finanzamt programmiert.
Seitdem haben die Gerichte den Mietern und Eigenheimbesitzern einige Abzüge erleichtert. Zum Beispiel ist das erstmalige Anlegen eines Gartens steuerbegünstigt (BFH-Urteil vom 13. Juli 2011, Aktenzeichen: VI R 61/10). Jedoch gilt dies nur, wenn der Haushalt schon längere Zeit besteht. Wer gerade erst eingezogen ist, geht leer aus.
Weniger Ausnahmen, mehr Rechtssicherheit!
Solche Ausnahmeritis ist es, die unser Steuersystem unnötig aufbläht und verkompliziert. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass sie gegen den Grundsatz verstößt, die Menschen nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu besteuern: Wer gerade Geld für Bau, Kauf und Umzug ausgegeben hat, ist am ehesten auf das Steuerbonbon angewiesen.
Warum nicht einfach eine Regel für alle - ohne tausend Extras und Unterscheidungen? Mehr Rechtssicherheit, weniger Gerichtsbelästigung. Die eigentlichen Ziele werden ebenfalls erreicht: Handwerksmarkt ankurbeln, Schwarzarbeit bekämpfen.
Obendrein steigt vielleicht sogar die deutsche Wohneigentumsquote.
Herzlichst, Ihr
Lutz Schumann
Chefredakteur und Herausgeber
P. S. Denken Sie an den wichtigsten Steuer-Tipp für jegliche Art von Investition: Die Steuerersparnis kommt erst an zweiter Stelle. Es ist günstiger, den Nachbarsjungen ohne Steuerabzug den Rasen mähen zu lassen, als für den Steuerbonus eine hohe Handwerkerrechnung zu schlucken. Auch beim Handwerker selbst lässt sich Geld sparen, indem Sie die Angebote vergleichen. Für das obige Beispiel zum Estrich könnten Sie in der gleichnamigen Kategorie bei MyHammer oder einem anderen Vergleichsportal suchen oder Ihren Auftrag "versteigern". Erst wenn Sie den Betrag optimiert haben, reichen Sie die Rechnung beim Finanzamt ein.