Wie teuer das Steuersystem und unfähige Politiker wirklich sind
Liebe Leserin, lieber Leser,
eines ist klar: Wir haben das wohl ineffizienteste und teuerste Steuersystem der Welt. Nach einer aktuellen Untersuchung des World Economic Forums (WEF) steht Deutschland gemeinsam mit Frankreich EU-weit auf dem letzten Platz. Das Bundesfinanzministerium selbst schätzt intern, dass die Erhebungskosten der Steuern in Deutschland beim rund Dreifachen des EU-Durchschnitts liegen.
Die erste umfassende Erhebung zu den "Vollzugskosten" der Besteuerung in Deutschland durch das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) bestätigte dies. Die Kosten der Steuererhebung bei den wichtigsten Steuerarten summieren sich im Schnitt auf rund 15 Milliarden Euro oder 4,7 Prozent der Erhebungssumme. Zum Vergleich: Der Fiskus in zentral organisierten Staaten oder Steueradministrationen wie Neuseeland, Schweden oder Finnland kommt mit rund 1 Prozent der Steuersumme aus.
Das ist aber noch lange nicht alles. Die weitaus höheren "tax compliance costs", wie Volkswirte die Vollzugskosten des Steuersystems nennen, entstehen der RWI-Erhebung zufolge nicht in der staatlichen Verwaltung, sondern bei den Steuerzahlern selbst. Belege sammeln, Buchführung, Kosten für den Steuerberater: Von den 15 Milliarden Euro Vollzugskosten für die wichtigsten Steuern tragen wir und die Unternehmen 10 Milliarden Euro – und damit zwei Drittel der Gesamtkosten.
Wenn ich dies auf den Steuersatz umrechne, müssen private Haushalte und Unternehmen im Schnitt noch einmal gut 3 Prozent draufschlagen, um ihre tatsächliche Steuerlast zu ermitteln. Oder anders ausgedrückt: Der tatsächliche Steuersatz steigt um etwa 1,55 Prozentpunkte. Anstelle eines Steuersatzes von 51,5 Prozent (inklusive Reichensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) müssen Spitzenverdiener also 53,05 Prozent ihres Einkommens für den Staat berappen.
Schuld an diesen immensen Kosten sind der deutsche Steuerdschungel und die Unfähigkeit und Schlamperei unserer Politiker. Anstatt klare und umsetzbare Gesetze und Vorschriften herauszugeben, häufen sich Fehler, Pannen und Praxisuntauglichkeit.
Beispiele aus der Vergangenheit: die Vorschriften für Rechnungspflichtangaben, die Steueramnestie und die Gesellschafter-Fremdfinanzierung. Zu allen diesen Themen musste der Gesetzgeber nach Inkrafttreten der jeweiligen Gesetze Fehler und Unklarheiten nachträglich durch ellenlange BMF-Schreiben korrigieren. Auch die soeben beschlossene Unternehmenssteuerreform ist aus ähnlichem Holz geschnitzt. Wetten, dass auch bei diesem Gesetz letztendlich der Bundesfinanzhof oder das Bundesverfassungsgericht nachbessern müssen?
Meine Forderungen: Schluss mit der Schlamperei bei der Gesetzgebung! Durch praxisnahe Gesetze ließe sich viel Geld sparen!
Herzlichst, Ihr
Lutz Schumann
Chefredakteur