Werden steuerzahlerfreundliche Urteile bewusst zurückgehalten?
Liebe Leserin, lieber Leser,
das ist ein echter Skandal! Bis zur Veröffentlichung von Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) im Bundessteuerblatt vergehen oft ein bis zwei Jahre. Hintergrund: Die deutschen Finanzämter müssen BFH-Urteile erst mit Veröffentlichung im Bundessteuerblatt für alle betroffenen Steuerzahler anwenden. Werden die Entscheidungen nicht veröffentlicht, stellt sich der Fiskus stur. In den letzten Jahren wurden BFH-Urteile, die zugunsten der Steuerzahler ausfielen, nicht oder aber mit großer zeitlicher Verzögerung im Bundessteuerblatt veröffentlicht.
Die staatliche Veröffentlichungstaktik von BFH-Entscheidungen ist selbst dem BFH ein Dorn im Auge. Doch der Bundesfinanzminister bleibt hart. Lapidare Begründung: Man müsse erst sorgfältig prüfen, ob die Urteile über den Einzelfall hinaus von Bedeutung seien und wie die Finanzämter vor Ort damit umgehen sollen. Komisch nur, dass sie steuerzahlerunfreundliche Urteile viel schneller prüfen.
Wir Steuerzahler sind mal wieder die Dummen
Wenn Sie sich die Verzögerungstaktik nicht bieten lassen wollen, müssen Sie erneut mit dem Finanzamt streiten und im Notfall vor Gericht ziehen. Eine zeit- und nervenaufreibende Prozedur, um sein gutes Recht durchzusetzen.
Ein Skandal, den man auch als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Beamte und Richter werten kann. Außerdem füllt die Methode die marode Staatskasse. Schon der Zinsvorteil für den Staat ist gigantisch. Immerhin dauert es oft ein bis zwei Jahre, bis ein steuerzahlerfreundliches Urteil den Weg ins Bundessteuerblatt findet. Und erst dann müssen die Finanzämter Steuern zurückzahlen oder in ähnlichen Fällen weniger Steuern kassieren.
Was können Sie als Betroffener tun? Beziehen Sie sich auf bislang unveröffentlichte BFH-Entscheidungen und bestehen Sie vehement auf Ihr Recht. Eins ist sicher: Der "Steuer-Schutzbrief" wird Ihnen, liebe Leser, auch weiterhin unveröffentlichte BFH-Urteile verraten – damit Sie möglichst schnell informiert sind und Ihr Recht durchsetzen können.
Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Woche und viel Erfolg bei Ihrem Kampf mit dem Finanzamt, Ihr
Lutz Schumann
Chefredakteur