Wenn der Fiskus die Marktwirtschaft entdeckt

vom 06. Dezember 2006 (aktualisiert am 17. September 2017)
Von: Lutz Schumann

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

super, die deutsche Finanzverwaltung hat die Marktwirtschaft entdeckt! Wenn Sie jetzt jedoch meinen, damit würde sich die Effizienz verbessern – immerhin nicht unbedingt ein charakteristisches Merkmal in deutschen Amtsstuben –, sind Sie auf dem falschen Dampfer. Denn nicht die Effizienz wird verbessert, sondern die Einnahmen. Und damit bezahlen dummerweise mal wieder wir Steuerzahler die Zeche.

Hintergrund: Wer von seinem Finanzamt eine verbindliche Auskunft haben will, muss ab nächstem Jahr dafür mindestens 100 Euro zahlen. So steht es im Entwurf des Jahressteuergesetzes. Doch warum müssen vor allem Selbstständige, Handwerksbetriebe, ja selbst Steuerberater die Finanzämter um eine verbindliche Auskunft ersuchen? Sicherlich nicht, weil das deutsche Steuerrecht so einfach und leicht durchschaubar ist.

Für mich ist die geplante Gebührenpflicht für Auskünfte der Finanzämter eine bodenlose Frechheit. Das wäre genauso, als wenn Hersteller eines Elektrogeräts, dieses so kompliziert konstruierten, dass der Käufer anschließend nur nach einer natürlich kostenpflichtigen Unterweisung dieses Gerät benutzen könnte. Das man solch ein Vorgehen als Betrug bezeichnen würde, leuchtet wohl jedem ein.

Wenn jetzt unsere Politiker argumentieren, die Finanzämter erbrächten eine Dienstleistung, ist dies schlichtweg falsch. Denn eine verbindliche Auskunft brauchen Steuerzahler eben nur, weil die Bundesregierung offenbar nicht in der Lage ist, ein einfaches und für alle Steuerpflichtigen handhabbares Steuerrecht zu formulieren.

Dass einfache Auskünfte weiterhin gratis gegeben werden, kann mich nicht beruhigen. Denn was solche unverbindlichen Auskünfte wert sind, hat sicherlich schon jeder von uns am eigenen Leib erfahren.

Für mich ist die neue Gebühr der Finanzämter nur eins: reine Beutelschneiderei.

Und vielleicht auch erst der Anfang: Vielleicht müssen wir ja demnächst auch für unsere Steuererklärungen eine Gebühr bezahlen. Das ist doch schließlich – nach der Logik unserer Volksvertreter – auch eine Dienstleistung.

Ich wünsche Ihnen dennoch eine schöne und erfolgreiche Restwoche, Ihr

Unterschrift Lutz Schumann

Lutz Schumann
Chefredakteur