Maximal 183 Tage in Deutschland leben – steuerfrei?
Liebe Leserin, lieber Leser,
dem Finanzamt für immer Lebewohl sagen – davon träumen immer mehr Bundesbürger. Manchmal ist der Wunsch nach Sommer, Sonne, Steuerfreiheit sogar so groß, dass nicht mehr jeder Geschröpfte zwischen Traum und Wirklichkeit unterscheiden kann. So kommt es, dass sich an Stammtischen vehement ein Gerücht hält, wie man nicht nur der deutschen, sondern gleich der weltweiten Steuerpflicht auf immer und ewig entkommt: indem man in keinem Land der Erde mehr als 183 Tage im Jahr lebt.
Dass der Staat seine wichtigsten Einnahmequellen nur sehr ungern ziehen lässt und den Wegzug mit diversen Tricks uns Spitzfindigkeiten vermiest, zeigt sich eindrucksvoll bei einem Deutschen, dem das Träumen nicht genug war. Über mehrere Jahre war dieser als Weltenbummler unterwegs gewesen. Nirgendwo lebte er mehr als 183 Tage an einem Stück, weder in Deutschland noch in einem anderen Land der Welt. Dennoch entschied das Finanzgericht Baden-Württemberg, für ihn gelte die volle deutsche Steuerpflicht (Aktenzeichen: 10 K 211/01).
Was war dem Weltenbummler zum Verhängnis geworden? Seine beibehaltene Wohnung in Deutschland. Da er diese jederzeit nutzen konnte, lag für die Finanzrichter ein eindeutiger Wohnsitz im Sinn der Abgabenordnung (AO) vor.
In einem anderen Beispiel flog ein Frankfurter Pilot schmerzhaft auf seine Nase. Er hatte seinen Wohnsitz in Deutschland zwar abgemeldet – jedoch nur zum Schein, wie das Finanzamt ihm nachwies. Und damit müssen Sie rechnen: Mit einem Finanzamt, dass Ihnen in jeden Winkel dieser Erde hinterherschnüffelt.
Selbst ein Zimmer bei Freunden oder den Kindern, das Sie jederzeit nutzen können und in dem Sie einige persönliche Sachen untergestellt haben, lässt Ihren Traum von einer steuerfreien Zukunft zerplatzen wie eine Seifenblase. Diese Erfahrung musste schon Boris Becker teuer bezahlen. Und das gilt selbst dann, wenn Sie den Raum weniger als die ominösen 183 Tage im Jahr nutzen.
Fazit: Wenn Sie der deutschen Steuerpflicht ein für allemal entkommen wollen, müssen Sie alle Brücken nach Deutschland abbrechen. Nicht dass wir uns falsch verstehen: Besuche sind erlaubt. Doch schon ein längerer Aufenthalt von beispielsweise 30 Tagen, kann dazu führen, dass Sie Ihr gesamtes Welteinkommen wieder mit dem deutschen Fiskus teilen müssen. Daher mein Steuer-Tipp: Schielen Sie nicht (nur) auf die 183 Tage.
Steuerpflicht nach Wegzug? Anhand welcher Punkte der Fiskus dies bei Ihnen prüft und welche Fallen Sie beachten sollten, lesen Sie in unserem Sonderartikel zur Wohnsitzverlagerung. Im 5. Tipp dieses Newsletters erfahren Sie, warum Sie auch mit ausländischem Wohnsitz nicht vor einer Außenprüfung Ihres deutschen Finanzamts sicher sind. Im 4. Tipp steht, wie Sie Rentenansprüche ins Ausland mitnehmen.
Ich wünsche Ihnen eine (hoffentlich) sonnige/re und vor allem erfolgreiche Woche, Ihr
Lutz Schumann
Chefredakteur
P.S.: Zum Thema "Wohnsitzverlagerung" empfehle ich Ihnen zwei Seminare unseres Netzwerkpartners Globogate, die sich intensiv mit allen wichtigen Aspekten auseinandersetzen (nähere Informationen und Rabatthinweis unter Punkt 6). Übrigens: Ich werde bei dem Düsseldorfer Seminar dabei sein.