Kfz-Versicherung: Bezahle, wie du fährst
Liebe Leserin, lieber Leser,
wer mit Kfz-Versicherungen zu tun hat, erzählt einem immer, jetzt gerade wäre Hauptsaison - weil man zum Optimieren seines Tarifs bis zum 30. November eines jeden Jahres beim bisherigen Anbieter gekündigt haben muss. Außerdem haben wir gerade Überwachungs-Hauptsaison: Nachdem sich unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel während der vergangenen Monate nicht die Bohne dafür interessierte, wie der US-amerikanische Geheimdienst NSA uns normale Bürger, Unternehmen und sogar Regierungen über Jahre ausgeschnüffelt hat, steht nun sie selbst mit ihrem Handy im Fokus und beschwert sich.
Bald könnten beide "Hochsaisons" in Deutschland zusammenkommen: Überwachung plus Wechsel der Kfz-Versicherung. In den Überwachungsstaaten USA und Großbritannien gibt es bereits Versicherungstarife, bei denen die Beitragshöhe vom Fahrstil abhängt. Ein Gerät namens "Telematik" zeichnet jeden Bremser und jede Beschleunigung auf und sendet sie zum Auswerten weiter. Wer vorsichtig fährt, spart Geld - angeblich bis zu 30 Prozent des Versicherungsbeitrags. Raser zahlen drauf.
Jeder bezahlt, was er verursacht
Im Grunde ein gerechtes System: Kosten werden dort eingesammelt, wo sie entstehen. Wenn man annimmt, dass ein Raser und Drängler mit höherer Wahrscheinlichkeit einen Unfall verursacht als ein gemütlicher Rechtsfahrer auf der Autobahn, dann sollte der rasante Fahrer auch höhere Beiträge zahlen. Ungerecht ist hingegen ein Umlageverfahren, in dem jeder gleichbehandelt wird, sodass der vorsichtige Fahrer für die riskante Fahrweise eines anderen zur Kasse gebeten wird.
Das neue System würde perfekt in die bisherige Entwicklung passen. Denn die Versicherer versuchen schon längst, die Fahrweise ihrer Kunden in die Beitragshöhe einfließen zu lassen. Fahranfänger müssen draufzahlen, weil sie unerfahren sind. Wer Punkte in Flensburg hat, zahlt ebenfalls mehr. Wer mit Kindern unterwegs ist, gilt hingegen als vorsichtiger.
Die Fahrdaten-Auswertung könnte diese Hilfsmittel hinfällig machen. Vorausgesetzt natürlich, die Sicherheit des Fahrstils lässt sich über die Telematik-Box verlässlich ermitteln und bewerten.
Bis es jedoch in Deutschland so weit kommt, sind einige rechtliche Gesichtspunkte zu klären. Unter anderem ist das Sammeln und Übermitteln der Fahr-Informationen datenschutzrechtlich bedenklich. Überwachung am Steuer wird vorerst nur stattfinden, wenn die Pkw-Maut eingeführt wird oder wenn man während der Fahrt unverschlüsselt telefoniert.
Wer sparen will, muss kündigen
Während der nächsten Jahre bleibt der November also reine Kündigungs-Hochsaison. Deutsche Autofahrer müssen sich mit den herkömmlichen Sparmöglichkeiten begnügen - zum Beispiel mit Ermäßigungen für ADAC-Mitglieder (weil diese statistisch sicherer fahren) oder für Bahncard-Inhaber (weil sie statistisch seltener Auto fahren und deshalb weniger in Unfälle verwickelt werden). Wer von diesen Regelungen profitieren möchte, sollte für seinen persönlichen Fall die Anbieter vergleichen und rechtzeitig seine Kfz-Versicherung kündigen. Eine kostenlose Musterkündigung gibt es zum Beispiel bei der Toptarif Internet GmbH zum Download.
Ganz fein raus sind natürlich unsere obersten Politiker und Abgeordneten. Kanzlerin Merkel hat ihren eigenen Chauffeur, braucht sich über Kfz-Versicherungen keine Gedanken zu machen und darf ohne Freisprechanlage mit der NSA telefonieren. Aber sie ist ja auch keine normale Bürgerin.
Nur nicht blitzen lassen! Herzlichst, Ihr
Carsten Wegner
Herausgeber
Übrigens: Unter bestimmten Voraussetzungen lassen sich die Beiträge zur Kfz-Versicherung von der Steuer abziehen.