Freiheit oder Freigang: Strafbefreiende Selbstanzeige macht den Unterschied
Liebe Leserin, lieber Leser,
seit einigen Wochen ist in den Nachrichten zu hören, die Anwälte des verurteilten Steuerhinterziehers Uli Hoeneß arbeiteten an Anträgen zur Hafterleichterung. Im Erfolgsfall könnte er tagsüber in Freiheit arbeiten und käme zum Schlafen ins Gefängnis zurück.
Der frühere Präsident des FC Bayern München war März 2014 zu einer Gefängnisstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt worden, die er Anfang Juni 2014 antrat. Das Landgericht München sah es als erwiesen an, dass Hoeneß 28,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen hatte. In seiner strafbefreienden Selbstanzeige beim Finanzamt hatte Hoeneß nur 3,5 Millionen Euro angegeben. Die Selbstanzeige war deshalb unvollständig und unwirksam.
Die Meldungen vom möglichen Freigang dürften der Finanzverwaltung nicht schmecken: Sie lebt vom Schrecken der Strafe für Steuerhinterziehung. So hoch die Steuermoral der Deutschen auch liegen mag - es ist das Bild von Gitterstäben, Wasser und Brot, das viele von ihnen bei der Steuer-Ehrlichkeit hält.
Änderungen ab 2015 bei der Selbstanzeige
Auf der anderen Seite sorgen jegliche Schlagzeilen über prominente Steuersünder wie Uli Hoeneß, Alice Schwarzer oder Klaus Zumwinkel seit je her dafür, dass reihenweise unbekannte Steuerhinterzieher ihr Schwarzgeld weißwaschen wollen und eine strafbefreiende Selbstanzeige abgeben. Doch damit dies gelingt, muss die Selbstanzeige vollständig und wirksam sein - anders als bei Hoeneß.
Außerdem müssen sich Hinterzieher beeilen: Die strafbefreiende Selbstanzeige bleibt laut einem Beschluss der Finanzminister aus dem Mai 2014 zwar erhalten. Jedoch unterliegt sie ab dem 1. Januar 2015 verschärften Bedingungen. Wer sich einen Nutzen von der Selbstanzeige verspricht, sollte sie noch in diesem Jahr einreichen. Nur dann kommt er günstiger davon.
Im Internet gibt es viele Hinweise zu den teils komplexen Regeln zur Selbstanzeige. Ausführliche Ratschläge stehen zum Beispiel im kostenlosen E-Book "Strafbefreiende Selbstanzeige" des Freiburger Buchhaltungsverlags Lexware. Zudem sollten sich Betroffene nach ihrer Recherche und Lektüre mit einem Steuerberater unterhalten, um alle Punkte wasserdicht zu machen.
Entscheidender Faktor: der Lebensmittelpunkt
Ob eine Selbstanzeige für Sie in Frage kommt, hängt zu erst einmal davon ab, ob Sie überhaupt in Deutschland steuerpflichtig sind. In Deutschland wird besteuert, wer hier seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Diese Begriffe sind für den Laien schwierig auszulegen. Zum einen bedeuten sie, dass man in der Bundesrepublik steuerpflichtig wird, wenn man sich mehr als die Hälfte der 365 Tage des Jahres hier aufhält (so genannte 183-Tage-Regel). Allerdings muss man seinen Wohnsitz vollständig aufgeben: keine Wohnung, kein dauerhaftes Hotelzimmer, kein Schlüssel zum elterlichen Haus samt eigenem Kleiderschrank.
Wer also ins Ausland zieht und dort seinen Lebensmittelpunkt hat, wie zum Beispiel der "Kaiser" Franz Beckenbauer in Kitzbühel in Österreich, der wird dort besteuert. Wer hingegen beim Wegzug Fehler macht wie Boris Becker oder die "Dubai-Piloten", bleibt in Deutschland steuerpflichtig.
Zudem sind beim Wegzug die Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zu beachten, welche die Bundesrepublik mit vielen Staaten geschlossen hat. Wer sein Geld zum Beispiel in der einstmals als Money-Mekka bekannten Schweiz parken will, dem sei davon abgeraten. Abkommen mit der EU und den USA zum regelmäßigen Datenaustausch sowie Steuer-CDs mit den Namen vieler Deutscher haben den Ruf von den verschwiegenen Eidgenossen mittlerweile zerstört.
Berichtigen Sie die richtige Steuerart im richtigen Jahr mit den richtigen Unterlagen
Wer Steuerstraftaten begeht oder begangen hat, dem muss klar sein, dass jedes dieser Vergehen immer auf das konkrete Veranlagungsjahr sowie die Steuerart bezogen wird. Typische Fälle sind die nicht angegebenen Einkünfte aus den bar bezahlten Leistungen von Selbstständigen oder verschwiegene Zinseinnahmen aus Kapitalanlagen wie beim eingangs erwähnten Uli Hoeneß.
Wer falsche Einkommensteuererklärungen abgegeben hatte, muss sie in berichtigter Form erneut einreichen. Auch Umsatzsteuererklärungen lassen sich erneut einreichen. Dies ist typischerweise bei gewerbesteuerpflichtigen Unternehmern der Fall. Es gibt zahlreiche weitere Details wie
- eine ab 2015 geltende, gesetzliche Verjährungsfrist von zehn Jahren,
- die "schwere Steuerhinterziehung" (über 50.000 Euro an hinterzogenen Geldern), die einen zusätzlichen Strafzuschlag von 5 Prozent zur Folge hat,
- dass die strafbefreiende Selbstanzeige nur noch bis zu einem Betrag von 25.000 Euro möglich ist
- und viele weitere rechtliche Regelungen.
Details und anschauliche Beispiele dazu stehen im oben genannten E-Book. Der sicherste Weg ist und bleibt jedoch, brav die fälligen Steuern zu zahlen. Es bleibt, wie ich seit Bestehen des Steuer-Schutzbriefs immer wieder sage: Es gibt genug Möglichkeiten, auf legalem Weg Steuern zu sparen. Sie müssen es nicht übertreiben. Dann dürfen Sie auch hinter Ihren eigenen, unvergitterten Fenstern übernachten.
Herzlichst, Ihr
Lutz Schumann
Chefredakteur und Herausgeber