Eine Finanztransaktionssteuer in der EU?
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Finanztransaktionssteuer, finance transaction tax, kurz FTT, ist seit Jahren ein heiß diskutiertes Thema, nicht nur unter Finanzexperten. Die Idee dahinter: eine zusätzliche Verkehrssteuer auf börsliche und außerbörsliche Finanztransaktionen einzuführen.
Die theoretischen Grundlagenzur Finanztransaktionssteuer stammen aus den USA aus der Zeit der "Großen Depression" in den 1930er Jahren. Nach einer These der beiden Wirtschaftswissenschaftler John Maynard Keynes und James Tobin führt eine solche Verkehrssteuer dazu, dass sich kurzfristige Spekulationen für Unternehmen und private Anleger nicht mehr lohnen. Stattdessen würden sie langfristigere und nachhaltigere Gewinne anstreben. Ein Ende der schnellen Spekulation.
Die Europäische Union und Deutschland griffen die Idee im Zuge der weltweiten Finanzkrise ab 2007 erneut auf. Die Verhandlungen und konkrete Umsetzung innerhalb der Europäischen Union (EU) stocken wegen der unterschiedlichen Interessen der EU-Staaten. Doch zumindest haben 12 Staaten, darunter Deutschland, eine Einführung bis 2016 vereinbart.
Wie sich die Finanztransaktionssteuer auswirkt
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat im Auftrag der SPD geschätzt, wie hoch die Steuereinnahmen wären. Ich bezweifle, dass die Steuer derart lukrativ sein wird, da mit rückläufigen Umsätzen zu rechnen ist. Nach einer Studie der dänischen Beratungsgesellschaft Copenhagen Economics (CE) darf sich allein Deutschland über Einnahmen von 17 bis 88 Milliarden Euro freuen.
Eine Finanztransaktionssteuer wird vieles verändern, darin sind sich alle Experten einig. Sie birgt auch einige Nachteile (unter anderem Kapitalflucht ins Ausland, teurere Finanzprodukte für Bürger, erschwerte Kapitalsuche für Unternehmen). Zur weiteren Vertiefung eignet sich der Artikel "Umstrittene Finanztransaktionssteuer könnte 45 Milliarden einbringen".
Doch trotz dieser Unbekannten und Nachteile sollten die europäischen Staaten eine solche Steuer einführen, um kurzfristige Spekulationen teurer und damit unattraktiver zu machen. Vor allem der automatisierte Hochgeschwindigkeitshandel ("High Frequency Trade") würde eingedämmt, da dieser meist auf geringen Gewinnspannen bei maximalen Einsätzen beruht. Im Zuge einer Finanztransaktionssteuer würfen solche Geschäfte selbst bei einer sehr niedrigen Besteuerung kaum mehr Gewinne ab. Bei langfristigen Investitionen fiele die Steuerbelastung dagegen kaum ins Gewicht.
Herzlichst, Ihr