Die wahren Ölscheichs sitzen in Berlin

vom 26. Oktober 2007 (aktualisiert am 17. September 2017)
Von: Lutz Schumann

Liebe Leserin, lieber Leser,

der Benzinpreis steigt und steigt, ein Ende ist nicht abzusehen. Ursache ist die erneute Preis-Explosion beim Rohöl. Vergangene Woche durchbrach das Fass Rohöl (159 Liter) in New York erstmals die Grenze von 90 Dollar. Nur zu Ihrer Erinnerung: Im Jahr 2000 lag der Durchschnittspreis für Rohöl noch unter 30 Dollar, Ende der siebziger Jahre sogar unter 10 Dollar pro Fass.

Doch nicht nur die Erdölförderländer und die Mineralölunternehmen verdienen sich angesichts der ständig steigenden Preise eine goldene Nase, auch unser Staat kann sich freuen. Seine Einnahmen aus der Mineralölsteuer (ab 1998 inklusive Ökosteuer) stiegen von 1960 bis 2003 um gigantische 6.430 Prozent.

Auf jeden Liter Benzin, gleich welcher Sorte, lastet derzeit eine Mineralölsteuer von 65,45 Cent pro Liter. Bei Diesel sind es 47,04 Cent. Diese Beträge schließen die so genannte Ökosteuer ein, und zwar in Höhe von 15 Cent pro Liter bei beiden Kraftstoffarten.

Jahr Einnahmen aus der Mineralölsteuer*
1960 1,136 Milliarden Euro
1970 11,512 Milliarden Euro
1980 21,351 Milliarden Euro
1990 33,171 Milliarden Euro
2000 71,980 Milliarden Euro
2003 74,186 Milliarden Euro

(* Ab 1998 mit den neuen Bundesländern)

Dabei sind die Umsatzsteuereinnahmen nicht eingerechnet – und die können sich ebenfalls sehen lassen, einem "kleinen" Rechentrick unseres Bundesfinanzministers sei dank.

Denn im Gegensatz zu anderen Produkten, bei denen die Umsatzsteuer nur auf den Nettopreis der Ware geschlagen wird, wird bei Kraftstoffen die Umsatzsteuer auf den Tankstellenabgabepreis inklusive Mineralölsteuer gelegt.

Wie sich dieser Trick auswirkt, zeigt folgende kleine Beispielrechnung:

Benzinpreis ab Raffinerie 52,00 Cent/Liter
Mineralölsteuer 65,45 Cent/Liter
Benzin ab Raffinerie plus Mineralölsteuer 117,45 Cent/Liter
Umsatzsteuer (19 Prozent von 117,45 Cent) 22,32 Cent/Liter
Tankstellenabgabepreis mit USt-Berechnungstrick 139,77 Cent/Liter
Umsatzsteuer (19 Prozent von 52 Cent) 9,88 Cent/Liter
Tankstellenabgabepreis ohne USt-Berechnungstrick 127,33 Cent/Liter
Preisaufschlag durch den Berechnungstrick 12,44 Cent/Liter

Fazit: Wir Autofahrer zahlen so eine Steuer auf die Steuer. Insgesamt macht der Steueranteil rund zwei Drittel des Tankstellenpreises aus.

Würde unser Bundesfinanzminister die 19-prozentige Umsatzsteuer für Kraftstoffe vom Nettowert berechnen – wie bei allen anderen Produkten auch –, käme uns Autofahrer der Sprit fast 9 Prozent günstiger.

Doch anstatt die Kraftstoffsteuern fairer zu gestalten, haben uns die Politiker Anfang 2007 zu allem Überdruss auch noch die Kostenpauschale für die tägliche Fahrt zur Arbeit zusammengestrichen. Der Fiskus gewährt die Pendlerpauschale seitdem nur noch ab dem 21. Entfernungskilometer. Wie gut, dass wenigstens der Bundesfinanzhof (BFH) jüngst dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) seine Bedenken gegen die Kürzung der Entfernungspauschale zur endgültigen Entscheidung vorgelegt hat.

Doch bis die Verfassungsrichter entscheiden, wird noch einige Zeit vergehen – und der Ausgang ist offen. Von Seiten der Politiker ist auf keinen Fall mit Steuererleichterungen rund um Benzin und Auto zu rechnen. Daher sollten Sie den einzigen legalen Ausweg nutzen: Mit einem Benzin-Gutschein Ihres Chefs umgehen Sie zumindest die gekürzte Entfernungspauschale.

Ich wünsche Ihnen wie immer ein erholsames Wochenende und eine erfolgreiche neue Woche sowie Spritpreise, die zur Abwechslung auch mal sinken. Herzlichst, Ihr

Unterschrift Lutz Schumann

Lutz Schumann
Chefredakteur

P. S.: Seit vergangener Woche verfügt unsere Internetseite endlich über eine leistungsfähige Suchfunktion mit der Sie Begriffe, Steuertipps und Urteile deutlich einfacher finden. Aus Gesprächen mit Lesern weiß ich, dass viele ein solches Werkzeug bislang vermissten. Ich hoffe, Sie sehen uns die Verzögerung nach. Wir haben viele Ideen, können diese jedoch nur nach und nach umsetzen – ein knappes Zeit- und Kapitalbudget zwingen uns dazu.

Übrigens: Über Anregungen, Kritik und natürlich auch Lob freuen wir uns sehr!