Trinkwasseranschluss: Umsatzsteuer oder Mehrwertsteuer seit 2000 zurückholen
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass für Arbeiten an Trinkwasseranschlüssen der ermäßigte Mehrwertsteuersatz/Umsatzsteuersatz von 7 Prozent gilt, und zwar rückwirkend ab dem 10. August 2000. Bislang verlangte das Finanzamt für solche Arbeiten 16 Prozent beziehungsweise 19 Prozent seit der Mehrwertsteuererhöhung zum 1. Januar 2007. Trinkwasserkunden haben einen Anspruch auf Erstattung der zu viel gezahlten Steuer, wenn sie seit dem 10. August 2000 einen Trinkwasser-Hausanschluss erhielten - zum Beispiel bei einem Neubau - oder wenn sie ihren Anschluss reparieren oder verändern ließen.
Hinweis: Das BFH-Urteil bezieht sich nicht auf den Bezug des Trinkwassers, sondern ausschließlich auf den Anschluss. Das Wasser selbst wurde und wird unverändert mit dem ermäßigten Satz von 7 Prozent besteuert.
Hintergrund: Das Bundesfinanzministerium (BMF) hatte im Jahr 2000 verfügt, dass Arbeiten an Trinkwasser-Hausanschlüssen als eigenständige Leistungen anzusehen sind und deshalb der vollen Umsatzsteuer (USt) beziehungsweise Mehrwertsteuer (MWSt) unterliegen. Ein kommunaler Wasser- und Energieversorger berechnete seinen Endkunden weiterhin 7 Prozent für die Arbeiten an Hausanschlüssen. Nach einer Betriebsprüfung hatte das Finanzamt die volle Umsatzsteuer nachgefordert, woraufhin der Wasserversorger gegen die Steuererhöhung klagte.
Die BFH-Richter stellten sich letztinstanzlich auf die Seite des Wasserversorgers und schmetterten die Umsatzsteuernachzahlung des Finanzamts ab (Urteile vom 8. Oktober 2008, Aktenzeichen: V R 61/03 und V R 27/06). Ihre Begründung: Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 3. April 2008 unterliegt nicht nur die Lieferung von Wasser dem ermäßigten Steuersatz, sondern auch damit zusammenhängende Nebenarbeiten (EuGH-Aktenzeichen: C-442/05). Dazu zählen zum Beispiel das Legen und das Reparieren eines Trinkwasser-Hausanschlusses.
Wer erhält die Steuererstattung, wer nicht?
Erstattungsberechtigt sind alle Rechnungsempfänger, die seit 10. August 2000 eine Rechnung über einen Trinkwasser-Hausanschluss erhalten haben. Der Wasserversorger muss die Arbeiten ausgeführt und berechnet haben (BMF-Schreiben vom 7. April 2009, Aktenzeichen: IV B 8 - S 7100/07/10024). Die Rechnung muss mit der zu hohen Umsatzsteuer von 16 oder 19 Prozent ausgestellt sein. Der Wasserversorger kann einen Subunternehmer mit der Installation beauftragen, die Rechnung muss jedoch vom Wasserversorger kommen. Wenn der Subunternehmer seine Rechnung direkt an den Anschlussinhaber geschickt hat, entfällt die Steuererstattung.
Zum Trinkwasser-Hausanschluss gehören Neuanschlüsse, Veränderungen, Reparaturen und Auswechslungen. Für Arbeiten rund um Abwasseranschlüsse gibt es keine Erstattung.
Immobilienbesitzer sind die größte Gruppe der Steuerzahler, die ihre Umsatzsteuer oder Mehrwertsteuer zurückfordern können. Achtung: Immobilienbesitzer, die umsatzsteuerabzugspflichtig sind, erhalten keine Erstattung, sondern müssen sich direkt an ihr Finanzamt wenden und eine berichtigte Umsatzsteuererklärung abgeben.
Bauherren und Grundstückseigentümer erhalten nur dann eine Erstattung, wenn sie Vertragspartner des Wasserversorgers waren.
Wer seine Immobilie zum Beispiel schlüsselfertig von einem Bauträger gekauft hat, geht leer aus.
Erben einer Immobilie oder eines Grundstücks müssen ihren Erbschein vorlegen, um die Steuererstattung beim Wasserversorger anzumelden.
Mieter bekommen keine Mehrwertsteuer-Rückzahlung. Der Grund dafür ist, dass die Kosten eines Wasser-Hausanschlusses bei den Betriebskosten nicht umlagefähig sind. Sie haben also keine anteiligen Kosten des Trinkwasseranschlusses übernommen.
Nachtrag: Wasserversorger hat bestandskräftigen Steuerbescheid. Leser des Steuer-Schutzbriefs teilten uns mit, ihr Versorger habe eine Erstattung abgelehnt, weil sein Umsatzsteuerbescheid rechtskräftig sei. Der Versorger schriebe, eine Betriebsprüfung sei abgeschlossen, ein Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben und eine Berichtigung der Rechnung nur noch für bestimmte Jahre möglich. In diesem Fall besteht tatsächlich kein Anspruch auf Umsatzsteuererstattung: Das Bundesfinanzministerium sowie Steuerberater bestätigten diese Auffassung auf Anfrage des Steuer-Schutzbriefs hin. Betroffene können allenfalls ihren Vertrag mit dem Versorger daraufhin prüfen lassen, ob auf zivilrechtlichem Weg Ansprüche durchsetzbar sind.
Wie hoch ist die Steuererstattung?
Die Preise für neue Wasserhausanschlüsse setzen sich aus Grund- und Meterpreisen sowie dem Baukostenzuschuss zusammen. Für die Herstellung eines durchschnittlichen Hausanschlusses beträgt die Rückzahlung des Umsatzsteueranteils nach Aussage der Berliner Wasserbetriebe zwischen rund 300 und 500 Euro. Die Berliner Wasserbetriebe schätzen die Rückforderungsansprüche der Kunden von Wasserwerken bundesweit auf rund 100 Millionen Euro.
Die zu viel gezahlten Steuern werden nicht verzinst, da die Wasserversorger das Geld umgehend ans Finanzamt weiterleiten mussten.
Wie Sie Ihre Ansprüche geltend machen
Einige Wasserbetriebe haben ihre Kunden bereits angeschrieben und ein Antragsformular auf ihre Internetseite gestellt, so zum Beispiel die Berliner Wasserbetriebe mit umfangreichen Informationen.
Wer noch nichts von seinem Wasserversorger gehört hat, sollte ihn anschreiben und die zuviel gezahlte Mehrwertsteuer oder Umsatzsteuer geltend machen. Ein Musterschreiben finden Sie am Textende. Sie müssen keine Fristen beachten, sollten Ihre Forderung aber zeitnah geltend machen. Fügen Sie Ihrem Schreiben eine Kopie der damaligen Rechnung bei.
Wenn Sie die alte Rechnung des Wasserversorgers über die Arbeiten an Ihrem Hausanschluss nicht mehr besitzen, haben Sie dennoch einen Anspruch auf Erstattung. Sie müssen jedoch nachweisen, dass Sie bei Ausführung der Arbeiten Vertragspartner der Wasserbetriebe waren, zum Beispiel durch die Jahresrechnung. Dies gilt auch, wenn Sie nach den Arbeiten an Ihrem Wasseranschluss umgezogen sind.
Download eines kostenlosen Musterbriefs
Der Steuer-Schutzbrief hat ein Musterschreiben für die Rückerstattung der Mehrwertsteuer/Umsatzsteuer auf Trinkwasseranschlüsse erstellt, das Sie sich kostenlos herunterladen können (Word-Datei, Größe: 28 Kilobyte).
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