Halbeinkünfteverfahren: BFH hält halben Werbungskostenabzug für verfassungsgemäß
Der Bundesfinanzhof (BFH) hält es für verfassungsgemäß, dass Kapitalanleger nur die halben Werbungskosten mit ihren Dividenden und Spekulationsgewinnen verrechnen dürfen (Aktenzeichen: VIII R 69/05). Das letzte Wort hat nun das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Aktenzeichen: 2 BvR 2221/07). Die Aussichten auf ein steuerzahlerfreundliches Urteil des Verfassungsgerichts sind gut, denn die BFH-Richter begründeten ihre Entscheidung eher dürftig.
Hintergrund: Durch das Halbeinkünfteverfahren sind Dividenden und Spekulationsgewinne nur zur Hälfte zu versteuern. Es wurde eingeführt, um eine doppelte Besteuerung zu vermeiden. Denn zuerst einmal zahlt ein Unternehmen Körperschaftsteuer auf seinen Gewinn. Diese Steuer ist in Dividenden und steigenden Aktienkursen bereits berücksichtigt. Ein Anteilseigner wird durch eine Spekulationssteuer also erneut zur Kasse gebeten.
Nach dem so genannten Nettoprinzip dürfen Steuerzahler von ihren Einkünften alle Ausgaben abziehen, die damit zusammenhängen. Im Urteilsfall zum Beispiel ging es um den Abzug von Schuldzinsen für eine kreditfinanzierte GmbH-Beteiligung. Nur was nach allen Abzügen - also netto - übrig bleibt, ist zu versteuern. Wegen des Halbeinkünfteverfahrens stellt sich nun die Frage: Dürfen Anleger ihre Ausgaben voll abziehen oder auch nur zur Hälfte? Die Finanzämter wählten bislang letzteren Weg, der Kapitalanleger eine Menge Geld kostet.
Die BFH-Richter gaben den Finanzämtern Recht. Gleichzeitig jedoch erklärten sie, dass das Halbabzugsverbot für laufende Ausschüttungen ihrer Meinung nach gegen das objektive Nettoprinzip verstößt. Der halbe Werbungskostenabzug wäre zum Beispiel vertretbar, wenn es sich beim Halbeinkünfteverfahren um ein Steuergeschenk handelte. Dies sei aber nicht der Fall: Das Halbeinkünfteverfahren vermeide vielmehr eine Doppelbesteuerung. Es solle verhindert werden, dass die ausgeschütteten Gewinne wegen der Körperschaftsteuer und der Einkommensteuer zusammen höher besteuert werden als andere Einkunftsarten. Deshalb müssten auch die vollen Werbungskosten Steuern mindernd absetzbar sein - wie bei anderen Einkünften auch. Dennoch sei das Halbabzugsverbot verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Steuer-Tipp: Der Bundesfinanzhof argumentiert gegen den halben Werbungskostenabzug, lässt ihn aber dennoch zu. Die Begründung dafür fiel eher dürftig aus und bietet genügend Spielraum für die Verfassungsrichter. Als betroffener Anteilseigner sollten Sie deshalb unbedingt Einspruch gegen Ihren Steuerbescheid einlegen und dazu auf das anhängige BVerfG-Verfahren mit dem Aktenzeichen 2 BvR 2221/07 verweisen.
Hinweis: Das Urteil hat beim privaten Kapitalvermögen nur bis Ende 2008 Bedeutung. Ab 1. Januar 2009 gilt die Abgeltungsteuer. Damit entfällt für Privatanleger das Halbeinkünfteverfahren.
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